Am Dienstag startet „Neues aus der Anstalt“ mit neuen Moderatoren. Stephan Denzer hat sich das alles ausgedacht. Sein Weg zum Kabarettbeauftragten des ZDF war kein gerader.

Stuttgart - Er hat die Haare schön. aber mit 45 Jahren sind nur noch wenige übrig. Stephan Denzer nimmt es sportlich. Er hat seiner Glatze einen Song gewidmet, und wenn man ihm eine Bühne gibt, dann singt er den auch vor Publikum: „Und wenn ein Lied meine Glatze verlässt/ Dann nur, weil kalter Wind darüber bläst.“ Der Mann hat Humor. Es ist eine gute, wenn nicht unabdingbare Voraussetzung für seinen Job. Stephan Denzer leitet die Abteilung für Comedy und Kabarett beim ZDF.

 

Er hat die „heute-show“ erfunden und „Neues aus der Anstalt“. Beides Formate, die zu Aushängeschildern des Senders geworden sind. Er hat den Mainzelmännern die Angst davor genommen, über sich selber zu lachen. In der „heute-show“ treten sie als amoklaufende Spießbürger auf.

Das Format läuft am späten Freitagabend. Irgendwie hat es Stephan Denzer geschafft, es auf diesen Sendeplatz zu hieven, den das Kulturmagazin „aspekte“ jahrzehntelang blockiert hatte. Ein Kraftakt, das räumt er ein. „Jede Programmänderung ist auch eine politische Frage.“

Ein breites Kreuz

Dabei wirkt Denzer kein bisschen ehrgeizig oder gar verbissen, eher wie einer, der beim Sport nicht schwitzt. In der Comedy-Szene eilt ihm der Ruf voraus, er habe eben ein Kreuz, breit genug, um im Gefechte um Gelder, Ideen und Köpfe auszutragen. Anders könne man in dieser hierarchisch strukturierten Anstalt nichts bewegen. „Ach“, sagt er dann und erzählt, wie sehr ihn sein damaliger Chef gefördert habe, Thomas Bellut, damals noch Programmdirektor, heute Intendant. Das mit dem breiten Kreuz treffe aber zu. „Ich mache eben Yoga.“

Denzer sitzt in der Bar des Hilton Cologne, in Jeans und Hemd, einen Schal locker um den Hals drapiert. Fragt man ihn, wie er bei den Mainzelmännern gelandet sei, lacht er verlegen. Er murmelt etwas von einem schrägen Werdegang. Und davon, dass ihm seine eigene Geschichte manchmal „hochgradig absurd“ vorkomme. Sie beginnt mit der Bundeswehr. Der Junge aus einem Dorf bei Kaiserslautern landete im Luftwaffenmusikcorps 4 in Hamburg. Es sei ein Kulturschock gewesen, sagt er, der Feingeist, der schon damals sang, Klavier und Posaune spielte. „Märsche blasen, die zur Vernichtung des Feindes komponiert wurden.“ Dennoch hat er dort etwas gelernt, wovon er heute profitiert. Eine gewisse Gelassenheit. Die Dinge mit Humor zu nehmen. Eigenschaften, die in seinem Job nicht unterschätzt werden dürfen.

Sein Weg zum ZDF führte über Arte. Als „Klassikonkel“ koordinierte er in den neunziger Jahren die Musikprogramme. Der Job füllte ihn nicht aus. Nach Feierabend besuchte er Comedy-Workshops und texte Bühnenprogramme. Als Programmreferent für Theater und Musik arbeitete er auch fürs ZDF. Irgendwann fiel dem damaligen Intendanten Markus Schächter auf, dass er ein Doppelleben als Comedian führte.

Satire als Türöffner für die Jugend

Schächter gefiel, was der Glatzkopf da auf der Bühne machte. Das ZDF war damals eine satirefreie Zone. Das Kabarett galt als ausgestorben, seit der Sender Dieter Hildebrandts „Notizen aus der Provinz“ Ende der siebziger Jahre wieder vom Schirm verbannte. Stephan Denzer bekam eine eigene Redaktion mit sechs Mitarbeitern und den Auftrag, Talente zu casten und Formate zu entwickeln. Aus dem Nichts hat er eine Farbe geschaffen, ohne die man sich das ZDF-Programm heute eigentlich gar nicht mehr vorstellen mag.

Für die „heute-show“ hat das ZDF alle wichtigen Fernsehpreise gewonnen. Dass die Adaption des US-Formats „The Daily Show“ mit Jon Stewart auch bei den 14-bis 49-Jährigen überdurchschnittlich gut ankommt, erfüllt ihn, den kinderlosen Junggesellen, mit besonderer Freude. Der Sender vergreist. Das Durchschnittsalter der Zuschauer liegt bei über 65 Jahren. Satire als Botox, als Türöffner für die Jugend. Da geht noch was. Gerade tüftelt er mit Drehbuchautoren an zwei neuen Sitcoms.

Doch jetzt steht erstmal ein Neustart bevor. Am Dienstag beginnt eine neue Staffel der Show „Neues aus der Anstalt“. Eines der letzten Formate im deutschen Fernsehen, das noch den Geist des Kabaretts der Hildebrandtschen Schule atmet.

Vertreter einer neuen Generation

Sechs Jahre lang haben Urban Priol und Frank-Markus Barwasser alias „Erwin Pelzig“ ihre Gäste in die Geschlossene eingewiesen. Die Quote sei gut gewesen, doch nach 62 Folgen hätten die beiden keine Lust mehr gehabt, heißt es beim ZDF. Mit Max Uthoff, 46, und Claus von Wagner, 36, rücken jetzt Vertreter einer neuen Generation nach. Viele dürften die Neuen schon kennen: Uthoff, Jurist, hat sich schon in der Anstalt mit messerscharfen Analysen der Politik profiliert. Er gilt als Richter Gnadenlos. Und Claus von Wagner kennen viele schon als vergeistigten Außenreporter aus der „heute-show“. Stephan Denzer sagt, er hoffe, dass sie als odd couple genauso gut funktionieren wie ihre Vorgänger.

Die Handschrift des Programms aber soll dieselbe bleiben: Satire mit journalistischem Anspruch. Klingt leicht, ist es aber nicht. Denzer sagt, ebenso talentierte wie disziplinierte Künstler zu finden, sei schwer. Yoga hilft da, aber nicht in jedem Fall. Das ahnt man, wenn er davon erzählt, wie er den Irrsinn seines Alltags als Fernsehschaffender in seinem letzten Bühnenprogramm verwurstet hat. Es heißt: „Germany‘s Next Brummschädel“.