Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Dass einige von ihnen danach wieder aufgetaucht sind, halten erfahrene Ermittler für Akte reiner Beschaffungskriminalität von Menschen, denen das Geld für den Lebensunterhalt ausgegangen ist. „Es geht nicht mehr um RAF-Taten“, sagt auch der Buchautor und Jurist Butz Peters. „Ehemalige RAF-Mitglieder sind losgezogen, um ihre Altersversorgung aufzubessern.“ Er liegt damit auf einer Linie mit Klaus Pflieger, wie Peters Autor vieler Bücher über die RAF und von 2001 bis 2013 baden-württembergischer Generalstaatsanwalt. „Das sind Raubzüge, um das Leben zu finanzieren“, sagt Pflieger, bei dem die älter gewordenen Täter durchaus ein Risiko eingingen. Vielleicht liege der Kick genau in diesem Risiko, überlegt ein Insider.

 

Die „taz“ ätzte: „Seniorenkriminalität deutlich gestiegen“. Immer mal wieder dringt ein Fahndungsdetail an die Öffentlichkeit. Kioskbesitzer soll das LKA Niedersachsen gezielt darauf hingewiesen haben, dass Staub womöglich als Käufer von Tabak zum Selberdrehen auftauchen könne. Und zum Jubiläum seiner Bremer Sicherheitsdienstleistungsfirma gab Otto Wilhelm preis, dass seine Mitarbeiter nach dem Überfall mit einer Panzerfaust psychologische Betreuung brauchten. Auf Nachfragen gibt man sich in der Behörde, die für die Fahndung zuständig ist, schmallippig. Auch die Staatsanwaltschaft Verden will nicht mehr, dass der Ermittler spricht, der in Stuhr im Kreis Diepholz vor Ort war. Ein erfahrener Fahnder sagt, dass das, was vermeldet wird, auch Teil der Polizeistrategie sein kann und gezielt lanciert worden sein kann. Die Generalbundesanwaltschaft verweist auf das LKA Niedersachsen, das die Staatsanwaltschaft Verden beauftragt habe. Wer im Falle eines Fahndungserfolges das Verfahren führe, „darüber entscheiden wir dann“, sagt Frauke Köhler, die Sprecherin der Bundesanwaltschaft.

Rückkehr zu den alten Waffendepots?

Was aber etwa Pflieger so verwundert, ist die Tatsache, „dass sie trotz der Bilder verschwunden bleiben“, denn die Ermittler haben Aufnahmen aus Überwachungskameras veröffentlicht, die die drei nach ihrer Überzeugung zeigen. Der Tatort-DNA konnten sie Fotos der dazugehörigen Menschen zuordnen. Jeder Nachbar würde sie erkennen, so gut sind die Fotos. Wohin also tauchen die drei nach ihren Raubüberfällen ab? „Ich bin mir mehr und mehr sicher, dass sie ihre Taten nicht dort verüben, wo sie leben“, sagt Pflieger. Er glaubt, dass die drei vielmehr nur zu den Orten zurückkommen, an denen sich ihre Waffendepots befinden. Ein Leben auf einem abgelegenen Bauernhof in Niedersachsen, das kann sich auch Peters nicht vorstellen. „Das widerspricht meiner allgemeinen Lebenserfahrung.“ Er glaubt an ein Leben in einer Gegend in Frankreich, den Niederlanden oder einem anderen Land, wo sich niemand für Nachrichten aus Deutschland und damit auch nicht für die Fahndungsfotos interessiere. Wie Pflieger vermutet er, dass die drei zusammenleben, sich zur Notgemeinschaft entwickelt haben, denn bisher hat die Belohnung in Höhe von 80 000 Euro keinen Mitwisser oder Unterstützer zum Reden gebracht. Und da es anders als bei der zweiten RAF-Generation keine Kronzeugenregelung mehr gibt, die vor Strafe schützte, glaubt Peters, dass die drei „die Hüter ihrer Geschichte“ bleiben werden.