Trude Schüle hat fast jede Ecke ihrer Heimatstadt Murrhardt gezeichnet, früher war sie oft und gerne auf Malreisen im Süden, das geht nun leider nicht mehr. Jetzt engagiert sich die 85-jährige Künstlerin für den Nachwuchs.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Murrhardt - Sie ist nicht mehr so gut zu Fuß. Deshalb kann Trude Schüler auch nicht mehr so, wie sie gerne wollte. Das Leben der 85-jährigen Künstlerin aus Murrhardt ist beschwerlicher als früher. Sie hat längst fast jeden Winkel ihrer Heimatstadt gezeichnet. Noch vor ein paar Jahren hat sie lange Malereisen unternommen, die letzte dieser Touren führte sie nach Portugal – so etwas geht nun leider nicht mehr. Der Lebensmut der Malerin und Menschenfreundin indes ist ungebrochen.

 

An diesem affenheißen Nachmittag sitzt Frau Schüle in der ersten Reihe. Sie ist die Hauptperson während der Veranstaltung im Heinrich-von-Zügel-Saal der Kunstsammlung in Murrhardt. Zur Verleihung des Trude-Schüle-Preises ist eine ganze Rasselbande von Nachwuchskünstlern erschienen, einige der Buben und Mädchen sitzen im Rollstuhl, und fast alle haben ein Strahlen im Gesicht.

Trude Schüle verschenkt sie Origami-Küsse

Vor zwei Jahren hatte die Schüle-Stiftung alle Murrhardter Grundschüler aufgerufen, sich an dem Wettbewerb zu beteiligen, im Vorjahr waren die Kinder und Jugendlichen der weiterführenden Schulen dran. Diesmal haben sich die Förderschüler der Bodelschwingh-Schule und der Herzog-Christoph-Schule intensiver als sonst im Unterricht mit Kunst beschäftigt. Die Werke der Kinder sind im Foyer ausgestellt. Die Bilder zeigen knallbunte Libellen, farbenfrohe Landschaften und abstrakte grafische Gebilde. Trude Schüle strahlt mit den Kindern um die Wette. Sie ist bestens aufgelegt, besprüht die Menschen, die sie besser kennt, mit Eisspray aus einer Dose, freut sich über diesem Schabernack wie ein Kind. Als sich der Schultes Armin Mößner mit Händen und Füßen gegen so einen Wasserangriff wehrt, muss die alte Dame herzhaft lachen. Später verschenkt sie Origami-Küsse, gefaltete bunte Blätter, die bei Auseinanderziehen aussehen wie ein Kussmund.

Dann wird es ernst: die Verleihung der Preise. Es sei für sie als Sonderpädagogin keine leichte Aufgabe gewesen, aus den viele tollen Bildern die vermeintlich besten auszuwählen, erklärt Margareta Eisenbeiss, die kommissarische Leiterin der Bodelschwingh-Schule. Ein Wettbewerb? In einer Sonderschule? „So arbeiten wir eigentlich nicht.“ Die schulinterne Jury habe lange mit sich gerungen – und dann doch drei Bilder ausgewählt. Dass nun Kunstwerke der Schüler öffentlich ausgestellt werden, das sei etwas ganz Wichtiges. Ähnlich äußert sich der Leiter der Herzog-Christoph-Schule, Gerhard Horwarth.

„Kunst, ein wichtiger Grundstein für Lebensfreude“

Der Bürgermeister sagt, die Trude-Schüle-Stiftung unterstütze das Fach Kunst „grundlegend“ – die beteiligten Schulen bekommen jeweils 500 Euro, die Preisträger Buchgutscheine. Murrhardt sei „d i e Kulturstadt im Schwäbisch-Fränkischen Wald“, habe zahlreiche hervorragende Künstler hervorgebracht, zu diesen gehöre „zweifelsohne auch Trude Schüle“. Der von ihrer Stiftung ausgelobte Preis sei ein wichtiger Baustein der örtlichen Kunstförderung. Jedes der jetzt gezeigten Werke sei ein „einzigartiges Zeugnis schöpferischen Schaffens“. Beim Malen könnten Kinder ihre Persönlichkeit frei entfalten und „einen wichtigen Grundstein für Lebensfreude und Lebensbewältigung“ legen.

Trude Schüle erzählt nach der Preisverleihung, dass sie schon als kleines Kind oft gemalt habe – unter dem Tisch ihres Vaters, der ein bekannter Murrhardter Architekt war. „Ich will auch Hausele malen“, habe sie damals immer gesagt. Aktuell sei es ihr wegen der großen Hitze der vergangenen Tage leider nicht möglich gewesen, draußen in der freien Landschaft zu malen. Auch deshalb habe sie die Kalligrafie entdeckt, die Kunst des Schönschreibens.