Der Untergang der Hochkultur der Maya unterstreicht die Bedeutung eines stabilen Klimas auch für die heutige Gesellschaft.

Stuttgart - Wenn im Regenwald die Niederschläge nachlassen, kann auch eine gut entwickelte Gesellschaft zusammenbrechen. Den Maya auf der Yukatan-Halbinsel Zentralamerikas passierte das jedenfalls zwischen 800 und 1000 nach Christus: innerhalb zwei Jahrhunderten ging dort der Regen um 40 Prozent zurück, zeigen Martin Medina-Elizalde und Eelco Rohling vom Nationalen Meeresforschungszentrum im englischen Southampton in der Zeitschrift "Science".

 

Schon andere Forscher wie Gerald Haug von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich hatten auf einen solchen Zusammenhang hingewiesen. Allerdings hatte er 2003 Sedimente aus dem Meeresboden vor der Küste Venezuelas untersucht und daraus auf Dürreperioden in der Karibik und Zentralamerika geschlossen. Die Wissenschaftler in England dagegen stützen sich jetzt auf Bohrproben vom Grund dreier Seen und auf einen Tropfstein aus einer Höhle auf der Yukatan-Halbinsel selbst. Darin messen sie den Gehalt verschiedener Atomsorten, die in der Wissenschaft Isotope genannt werden. Aus dieser Isotopenanalyse schließen sie auf den Niederschlag, der im Einzugsbereich des Sees oder der Höhle fiel, als sich der jeweilige Bereich des Tropfsteins oder des Seegrunds bildete. Das Ergebnis: es kam immer wieder zu Dürreperioden, die bis zu zehn Jahre dauerten. Insgesamt nahm der Niederschlag in dem Zeitraum, in dem die Mayakultur zusammenbrach, um 40 Prozent ab. Das könnte die Wirtschaft der Maya entscheidend getroffen haben.

"Obwohl zumindest im Süden der Yukatan-Halbinsel dichter Regenwald wächst, ist die Region eine saisonale Halbwüste", erklärt Gerald Haug. Der Forscher erinnert sich jedenfalls gut an die Hitze und Trockenheit, die er dort vor einem Jahr während eines Kongresses erlebte. Mehr als ein halbes Jahr fällt dort unter der brennenden Tropensonne kaum ein Tropfen Regen, im Urwald herrscht eine Art Wüstenklima. Die Mayabauern hatten sich auf diese Verhältnisse eingerichtet und bestellten ihre Felder erst kurz bevor im Mai der Monsunregen einsetzte. Vier oder fünf Sommermonate lang ziehen dann immer wieder Tropenstürme von der aufgeheizten Karibik über die Yukatan-Halbinsel, und der Mais wächst auf den Feldern rasch.

Für die Gesellschaft ist ein stabiles Klima wichtig

Vor allem diese Sommerstürme aber scheinen damals immer wieder ausgeblieben zu sein, zeigen die Isotopenanalysen den Forscher in England. Entweder keimte der bereits ausgebrachte Mais dann gar nicht, oder die jungen Pflanzen vertrockneten. Auf alle Fälle drohte eine Hungersnot, der die Maya kaum ausweichen konnten. Als ihre Hochkultur blühte, hatten sie nämlich weite Teile des Regenwaldes gerodet. Ein raffiniertes, weiträumiges Bewässerungssystem speicherte das Wasser des Sommermonsuns und verteilte es in der Trockenzeit wieder.

Ohne Sommerstürme aus der Karibik fehlte das Wasser, und die Ernte für einige Millionen Maya drohte auszufallen. Dadurch entstand eine Wirtschaftskrise, vielleicht erschütterten auch Hungeraufstände die Mayakultur. Wenn sich die Dürreperioden wiederholen, kann sich die Spirale von inneren Unruhen und Gewalt weiterdrehen. Auslöser aber war eine vergleichsweise kleine Klimaänderung.

"Auch heute noch beeinflusst das Klima gesellschaftliche Entwicklungen", sagt Haug. Als 1997 und 1998 die Klimaanomalie El Nino in Indonesien die Niederschläge ausfallen ließ, kam es dort zu einer Wirtschaftskrise und zu schweren Ausschreitungen, bei denen mehr als tausend Menschen starben. Diese Entwicklung zwang schließlich den Staatspräsidenten Haji Mohamed Suharto zum Rücktritt. "Auch die Volksaufstände in der arabischen Welt seit 2011 zeigen einen ähnlichen Zusammenhang", berichtet Haug weiter: 2010 und 2011 brachte die Klimaanomalie La Nina den Wüstenländern zwischen dem Mittelmeer und dem Indischen Ozean noch weniger Niederschläge als sonst. Für die Stabilität von Gesellschaften könnte ein stabiles Klima also sehr wichtig sein.