Um einem Bauherrn im südkoreanischen Busan internationale Publicity zu sichern, hat sich Prix ein wirbelndes Festivalgebäude einfallen lassen, dessen Dach achtzig Meter übersteht und damit ins Guinnessbuch der Rekorde kam. Im französischen Lyon, am Zusammenfluss von Saône und Rhône, wurde jüngst ein wild wucherndes Formentremolo namens „Musée des Confluences“ eröffnet. Dass das Bauwerk das Sechsfache des ursprünglichen Betrages kostete, lag laut Prix am Bauherrn. Für den EZB-Neubau wurden 2005 noch Baukosten von fünfhundert Millionen Euro angenommen. Es wurden 1,3 Milliarden. Dass der Skandal trotzdem ausblieb, lag auch an einer klugen Pressepolitik der Währungshüter, die die Publikation von Plänen, etwa Grundrissen oder Schnitten, verbot. „Aus Sicherheitsgründen“ natürlich, was sonst?

 

In den wiederholten Überarbeitungen und sogenannten Optimierungen, zu denen die EZB die Planer drängte, wurde jede Spitze, jedes Schneidende und Schnittige vielfach geglättet. Zurück blieb eine fraglos dynamische Skulptur, in der zwar einiges splittert und scharf kantet, anderes aber windschief daherkommt, die prickelnde Perspektiven bietet, bisweilen aber auch bemüht und beliebig scheint. Manches wie etwa die zweifach geneigten Flächen aus fleckigem „Fusion-Glas“ hinter dem Empfangsschalter ist alberne Dekonstruktivismus-Deko.

Entgegen allen Beteuerungen von Prix und der EZB-Bauleitung ist auch die Integration der denkmalgeschützten Großmarkthalle aus den zwanziger Jahren, in der die Konferenzbereiche sowie das Mitarbeiterrestaurant als Haus im Haus untergebracht sind, wenig geglückt. Das markige bis martialische, an der Eingangsfassade merkwürdig eingedrückte „Entrance Building“ zerschneidet die einst als Gemüsedom bezeichnete Halle in zwei Teile. Die Pessimisten, die bereits den Wettbewerbsentwurf wegen dieser Durchbohrung kritisierten, behielten recht.

Eindruck des EZB-Neubaus bleibt ambivalent

Freilich, der Architekt Martin Elsaesser, in Stuttgart bekannt als Erbauer der Markthalle, hatte sein Opus Magnum, das er mit nun abgerissenen Anbauten mit der Umgebung verknüpfte, ganz bewusst als Solitär konzipiert. Und so war es schon im Wettbewerb keinem Teilnehmer gelungen, eine einigermaßen schlüssige Synthese zwischen Neuerfindung und der 250 Meter langen und 50 Meter breiten Halle zu präsentieren, auch Coop Himmelb(l)au nicht. Vom einst spektakulären Raumeindruck ist nichts mehr geblieben, auch wenn die Halle in der Substanz sorgsam restauriert wurde. Ein Sündenfall ferner, dass die Architekten ein Klinkerband durch eine bräunliche Verglasung ersetzten, um mehr Licht in das Bauwerk zu bringen, und damit Elsaessers feine Proportionen empfindlich stören.

Postmodern aufgehübscht

In Fachkreisen wunderte man sich, dass mit dem Bau einer Notenbank, die Stabilität und Solidität ausstrahlen soll, ausgerechnet jemand beauftragt werden sollte, der einmal behauptet hatte, Architektur müsse „brennen, bluten, stechen, kalt wie ein Eisblock, heiß wie ein Flammenflügel“ sein. Prix gilt als der letzte Rock-’n’-Roller der zeitgenössischen Architektenszene, dessen Telefon-Warteschleifenmusik programmatisch den Stones-Hit „Gimme Shelter“ (Gib mir Obdach) spielt.

Aber ebenso wie die Rollenden Steine längst zum Establishment gehören, so zählt auch der einst splitternde Dekonstruktivismus der Wiener Himmelb(l)auen inzwischen zum Mainstream – einem globalisierten Mainstream, der einer Handvoll um die Welt jettenden Architekten erlaubt, überall einprägsame, möglichst extravagante Superzeichen zu hinterlassen, unbekümmert um den baulichen Kontext, Kostensteigerungen jedoch immer inbegriffen.

Die Integration der Großmarkthalle ist wenig geglückt

Um einem Bauherrn im südkoreanischen Busan internationale Publicity zu sichern, hat sich Prix ein wirbelndes Festivalgebäude einfallen lassen, dessen Dach achtzig Meter übersteht und damit ins Guinnessbuch der Rekorde kam. Im französischen Lyon, am Zusammenfluss von Saône und Rhône, wurde jüngst ein wild wucherndes Formentremolo namens „Musée des Confluences“ eröffnet. Dass das Bauwerk das Sechsfache des ursprünglichen Betrages kostete, lag laut Prix am Bauherrn. Für den EZB-Neubau wurden 2005 noch Baukosten von fünfhundert Millionen Euro angenommen. Es wurden 1,3 Milliarden. Dass der Skandal trotzdem ausblieb, lag auch an einer klugen Pressepolitik der Währungshüter, die die Publikation von Plänen, etwa Grundrissen oder Schnitten, verbot. „Aus Sicherheitsgründen“ natürlich, was sonst?

In den wiederholten Überarbeitungen und sogenannten Optimierungen, zu denen die EZB die Planer drängte, wurde jede Spitze, jedes Schneidende und Schnittige vielfach geglättet. Zurück blieb eine fraglos dynamische Skulptur, in der zwar einiges splittert und scharf kantet, anderes aber windschief daherkommt, die prickelnde Perspektiven bietet, bisweilen aber auch bemüht und beliebig scheint. Manches wie etwa die zweifach geneigten Flächen aus fleckigem „Fusion-Glas“ hinter dem Empfangsschalter ist alberne Dekonstruktivismus-Deko.

Entgegen allen Beteuerungen von Prix und der EZB-Bauleitung ist auch die Integration der denkmalgeschützten Großmarkthalle aus den zwanziger Jahren, in der die Konferenzbereiche sowie das Mitarbeiterrestaurant als Haus im Haus untergebracht sind, wenig geglückt. Das markige bis martialische, an der Eingangsfassade merkwürdig eingedrückte „Entrance Building“ zerschneidet die einst als Gemüsedom bezeichnete Halle in zwei Teile. Die Pessimisten, die bereits den Wettbewerbsentwurf wegen dieser Durchbohrung kritisierten, behielten recht.

Eindruck des EZB-Neubaus bleibt ambivalent

Freilich, der Architekt Martin Elsaesser, in Stuttgart bekannt als Erbauer der Markthalle, hatte sein Opus Magnum, das er mit nun abgerissenen Anbauten mit der Umgebung verknüpfte, ganz bewusst als Solitär konzipiert. Und so war es schon im Wettbewerb keinem Teilnehmer gelungen, eine einigermaßen schlüssige Synthese zwischen Neuerfindung und der 250 Meter langen und 50 Meter breiten Halle zu präsentieren, auch Coop Himmelb(l)au nicht. Vom einst spektakulären Raumeindruck ist nichts mehr geblieben, auch wenn die Halle in der Substanz sorgsam restauriert wurde. Ein Sündenfall ferner, dass die Architekten ein Klinkerband durch eine bräunliche Verglasung ersetzten, um mehr Licht in das Bauwerk zu bringen, und damit Elsaessers feine Proportionen empfindlich stören.

Postmodern aufgehübscht

So bleibt der architektonische Eindruck des EZB-Neubaus reichlich ambivalent. Die Großfigur stimmt, aber der Durchbildung im Detail fehlt das Finish. Sicherlich, der schon reichlich angestaubte Dekonstruktivismus hat ein neues Symbol, ein einprägsames und nachdrückliches Bild. Stand in den siebziger Jahren der verspiegelte Doppelturm der Deutschen Bank für das Finanzzentrum der Deutschland AG, in den achtziger Jahren der Messeturm für die postmodern aufgehübschte Bankenmetropole, in den Neunzigern der Commerzbank-Tower mit seinen hängenden Gärten für den Versuch, Ökonomie mit Ökologie zu versöhnen, so steht jetzt das Hochhaus der Währungshüter als Zeichen für die Eurocity.

Ob es damit auch dafür steht, dass Frankfurt neben Brüssel und Straßburg zur „dritten europäischen Hauptstadt“ geworden ist, wie Oberbürgermeister Feldmann im Vorfeld der Eröffnung stolz verkündete, wird sich – aller medialen Präsenz der EZB zum Trotz – erst noch zeigen.