Am 13. Mai 1717 wurde Maria Theresia von Österreich geboren. Wien feiert den 300. Geburtstag der Kaiserin mit drei Ausstellungen. Ein Rundgang durchs Habsburger-Reich.

Reise: Annette Schwesig (apf)

Wien - Die Krönungszeremonie auf dem Gemälde kommt einem irgendwie bekannt vor. Ach ja, Sisi! In dem Film „Die junge Kaiserin“ reitet Karl-Heinz Böhm als Kaiser Franz Joseph, der in Pressburg zum König von Ungarn gewählt wird, mit wehendem roten Mantel auf den steil ansteigenden Krönungshügel und schwört, das Land nach allen Himmelsrichtungen zu schützen. Der Ritt ist riskant, denn es gilt, das Pferd im Zaum zu halten, obwohl man dafür wegen des Schwerts nur eine Hand frei hat. Bei dem schmächtigen Karl-Heinz Böhm wirkt der Ritt ungelenk, irgendwie ulkig. Kaiserin Maria Theresia dagegen soll die Prozedur im Juni 1741 mit Eleganz und Bravour bewältigt haben. Die Zuschauer jubelten der schönen und starken Regentin zu.

 

„Für Frauen, selbst aus Fürstenhäusern, war es damals nicht üblich zu reiten“, erklärt Monica Kurzel-Runtscheiner, die Kuratorin der Ausstellung „300 Jahre Maria Theresia – Frauenpower und Lebensfreude“, die in der Kaiserlichen Wagenburg auf dem Areal von Schloss Schönbrunn zu sehen ist. „Aber Maria Theresia wollte unbedingt Reiten lernen, um den Ritt auf den Krönungshügel durchführen zu können.“ Die Kaiserin fand dann so viel Gefallen daran, dass es zu ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung wurde. Ihren Töchtern hingegen habe sie das Reiten untersagt, da es unweiblich sei. „Maria Theresia hätte nie die in ihren Augen gottgewollte Ordnung infrage gestellt. Auch wenn sie die ein oder andere Ausnahme für sich in Anspruch nahm“, sagt Kurzel-Runtscheiner lächelnd.

Diesen Widersprüchen der berühmten Habsburgerin gehen im Jubiläumsjahr 2017 drei Ausstellungen in Wien nach. In der Wagenburg, dem Fuhrpark der Habsburger, liegt der Schwerpunkt auf Maria Theresias Selbstdarstellung im Spannungsfeld zwischen männlicher Macht und weiblicher Identität. So wird neben Gemälden, Prunkkutschen, Schlitten und Gewändern zum ersten Mal auch ihr Reitgeschirr gezeigt. Eine weitere Besonderheit ist die mächtige Sänfte, auf der Maria Theresia getragen wurde, während sie schwanger war. „Sie hat 16 Kinder geboren, das heißt, sie war viele Jahre auf diese Transportmöglichkeit angewiesen“, so Kurzel-Runtscheiner. „Die enorme Akzeptanz, welche die Kaiserin in der Bevölkerung hatte, lag sicher auch darin begründet, dass sie ihre Fruchtbarkeit offen zeigte und dennoch männliche Herrschertugenden an den Tag legte.“

Schlosspark von Schönbrunn

Verlässt man die Wagenburg mit ihrer riesigen, kühlen Schauhalle, befindet man sich mitten im Schlosspark von Schönbrunn. Die Maria-Theresien-gelbe, barocke Schlossfassade spiegelt die Frühlingssonne wider, davor – klein, schwarz und wuselig wie eine Ameisenstraße – Horden von Touristen. Die heutige Form des Schlosses und seine Bedeutung als eine der am häufigsten besuchten Sehenswürdigkeiten Österreichs ist Maria Theresia zu verdanken. Sie ließ das frühere Jagdschloss peu à peu zu einer repräsentativen Residenz für die heißen Sommermonate umbauen. Auch Kaiserin Sisi, die mit Franz Joseph einen Ururenkel Maria Theresias heiratete, zog das einladende Schönbrunn der abweisenden, kühlen Hofburg vor.

Im Zuge dieser Umbauarbeiten hat Maria Theresia das Hofmobiliendepot gegründet. Sie setzte einen Inspektor ein, der mit der Instandhaltung des Mobiliars beauftragt war. Ursprünglich war das Depot in Schönbrunn angesiedelt. Anfang des 20. Jahrhunderts bekam es seinen Standort in der Andreasgasse 7 in Wien-Neubau. Bis zu Maria Theresia gab es in Wien übrigens keine Hausnummern. Nur Tafeln oder Skulpturen kennzeichneten die Häuser. Um 1770 hat die Regentin die Durchnummerierung der Häuser angeordnet. In dem lichten, modernen Gebäude, das etwas außerhalb vom Zentrum liegt, mit der U-Bahn aber schnell zu erreichen ist, befindet sich der zweite Teil der Ausstellungsreihe mit dem Titel „Familie und Vermächtnis“. Die Ehe mit Franz I. Stephan soll sehr glücklich gewesen sein, von ihren 16 Kindern erreichten zehn das Erwachsenenalter, fast alle wurden politisch gewinnbringend und prominent verheiratet. „Maria Theresia wurde deshalb die ,Schwiegermutter Europas‘ genannt“, erklärt Sprecherin Evelyn Larcher. So liegt im Hofmobiliendepot ein Schwerpunkt auf dem Schicksal der Kinder, ein weiterer auf den späten Jahren der verwitweten Regentin und dem Entstehen des Mythos „Maria Theresia“.

Geschenke zum Namenstag

Das wohl kostbarste Objekt ist ein aus Edel- und Schmucksteinen gefertigtes Blumenbouquet. Das hat Maria Theresia ihrem Mann zum Namenstag geschenkt. 2102 Diamanten und 761 Farbsteine, reichlich übertrieben für einen Namenstag! „Nein, nein“, schaltet sich eine Aufseherin des Museums ein und erklärt: „Im katholischen Österreich wird der Namenstag bis heute groß gefeiert. Ich habe zu meinem Namenstag immer viel mehr Geschenke bekommen als zu meinem Geburtstag.“ Die Aufseherin kennt jeden Stuhl, jeden Sessel der Dauerausstellung und weiß zu allem eine Geschichte zu erzählen.

Alle drei Standorte der Ausstellungen haben den Vorzug, dass man viel mehr mitnehmen kann als nur Maria Theresia: Kunst und Kultur, Krieg und Frieden und natürlich immer wieder Sisi. In der Wagenburg gibt es einen sogenannten Sisi-Pfad mit ihrer Hochzeitskutsche und dem schwarzen Leichenwagen, im Hofmobiliendepot lagern alle Requisiten aus den Sisi-Filmen mit Romy Schneider.

Die letzte der drei Ausstellungen über „Habsburgs mächtigste Frau“ führt mitten in die Altstadt. Auf der rechten Seite der Ringstraße zwischen den beiden monumentalen Naturhistorischen und Kunsthistorischen Museen steht das sechs Meter hohe Maria-Theresia-Denkmal. Auf dem Sockel des Denkmals sind Künstler und Gelehrte ihrer Zeit in Bronze gehauen. Haydn, Mozart, des Weiteren ihr Leibarzt und vier Generäle.

Nebenan die gewaltige Hofburg mit ihren zahllosen Trakten und Verästelungen. Im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek befindet sich die Ausstellung, die den Schwerpunkt auf die Reformen der Kaiserin legt. Zu den bekanntesten zählen die „Allgemeine Schulordnung“, ein Vorläufer der Schulpflicht, sowie die Abschaffung der schlimmsten Foltermethoden. Die ausgestellte Anleitung zur Anwendung des Daumenstocks lässt einen erschauern. Viel schöner anzusehen sind dagegen die von der Kaiserin in Auftrag gegebenen Schulbücher und prächtig kolorierten Schautafeln.

Unmittelbar im Trakt neben der beeindruckenden Ausstellung befinden sich die originalen Sisi-Appartements. Das Straßenpflaster, das hinüberführt, hat Maria Theresia eingeführt. Davor gab es in Wien nur Sandstein. So sind die Spuren der Regentin bis heute spürbar.

Hinkommen, Unterkommen, Rumkommen

Anreise

Direkt von Stuttgart nach Wien, z. B. mit Eurowings (www.eurowings.com) oder Air Austria (www.austrian.com). Oder in sieben Stunden mit der Bahn mit Umsteigen in München, Nürnberg oder Salzburg (www.bahn.de).

Unterkunft

Hotel Grand Ferdinand: Zentrale Lage am Schubertring, klassischmoderne Zimmer. DZ ab 180 Euro. Es gibt auch einen Schlafsaal für acht Personen: 30 Euro ohne Frühstück, www.grandferdinand.com. Boutiquehotel Stadthalle: Das Hotel ist in der Nähe des Westbahnhofs und erzeugt seine Energie selbst. Die Zimmer sind gemütlich eingerichtet und es gibt leckeres Bio-Frühstück. DZ ab 88 Euro, www.hotelstadthalle.at.

Essen und Trinken

Gasthaus Huth: eines der besten Wiener Schnitzel der Stadt mit Erdäpfel-Vogerlsalat, dazu wunderbarer Wein aus der Region und als Nachtisch Powidltascherl. Beliebt bei Einheimischen und Touristen, www.huth-gastwirtschaft.at. Gasthaus Pöschl: Ebenfalls herrliche traditionelle Wiener Küche und erlesene Weine. In dem kleinen Gastraum mit gemütlicher Theke direkt am Franziskanerplatz sitzt man fast ausschließlich mit Einheimischen, www.gasthauspöschl.com.

Ausstellungen zu Maria Theresia

„Familie und Vermächtnis“ im Hofmobiliendepot, Andreasgasse 7, www.hofmobiliendepot.at. Eintritt: 9,50/6 Euro (10 bis 18 Uhr). „Frauenpower und Lebensfreude“ in der Kaiserlichen Wagenburg Schloss Schönbrunn, www.schoenbrunn.at. Eintritt: 9,50 Euro, Kinder bis 18 Jahre frei (9 bis 17 Uhr). Die beiden Ausstellungen sind bis 29. November zu sehen. „Habsburgs mächtigste Frau“ im Prunksaal der Nationalbibliothek, Josephsplatz 1, wird noch bis 5. Juni gezeigt. Eintritt: 7 Euro, bis 19 Jahre frei (Di. bis So. 10–18 Uhr, Do. 10–21 Uhr), www.onb.ac.at.

Allgemeine Informationen

www.wien.info/de, www.austria.info

Literatur

Barbara Stollberg-Rilinger: Maria Theresia in ihrer Zeit. Beck, 1082 Seiten, 34 Euro. Biografie auf allerneuestem wissenschaftlichen Stand.

Czernin/Lavandier: Liebet mich immer. Ueberreuter, 200 Seiten, 21,95 Euro.