Politiker verspüren immer wieder den Drang, Fußballmetaphern zu verwenden. Der Gedanke, unter dem Motto „Die Roten am Abgrund“ die Situation des VfB und der SPD als Gesamtpaket zu thematisieren, ist also gar nicht so abwegig. Zumal beide ein ähnliches Schicksal eint.

Stuttgart - In welcher Liga die SPD im Ländle derzeit spielt, ist schwer zu sagen. Stephan Hebel, Journalist und Publizist bezeichnet ihre Verfassung bei der Podiumsdiskussion im Theaterhaus als „schwer abgestiegen“. Er denke, die SPD habe sich zu defensiv an die Spielweise des Gegners angepasst. Dennoch hofft er, sie werde bald wieder um den Aufstieg mitspielen – mit eigenen Ideen und Konzepten. Die Wortwahl zeigt: Der Brückenschlag zwischen Fußballrasen und politischem Parkett funktioniert. Wo sich Lücken auftun, springt der ehemalige SWR-Fernsehchefredakteur Michael Zeiß ein. Er moderiert souverän und unaufdringlich. Hebel, die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier, und VfB-Ehrenpräsident Erwin Staudt spielen sich immer wieder rhetorisch die Bälle zu. Wer zu einem Thema nichts zu sagen hat, lässt die anderen reden. So schweigt die ansonsten sehr diskussionsfreudige Landespolitikerin, als die jüngsten Personalentscheidungen beim VfB zur Sprache kommt. Sie sei noch nie im Stadion gewesen, gibt sie zu verstehen. Da wird Unmut im Publikum laut. Besonders die Kandidatur von Wolfgang Dietrich für das Amt des Vereinspräsidenten weckt Emotionen. Staudt versucht, die Gemüter zu beruhigen: Dietrich sei ein Businessmann, der viel Power freisetzen werde. Von einer internen Zerreißprobe könne keine Rede sein. „Manchmal wünschte ich, man könnte mit Politik genauso viele Menschen bewegen wie mit Fußball“, stellt Breymaier bedauerend fest. Dass es ausgerechnet der AfD gelingt, Nichtwähler zur mobilisieren, sieht sie mit Besorgnis. Stephan Hebel macht eine verfehlte Politik, namentlich auch die der SPD, für diese Entwicklung verantwortlich: „Ich wundere mich, warum die viel beschworene Alternativlosigkeit mit solcher Ruhe geduldet wird. Es muss wieder deutlicher werden, dass es eine wirkliche Alternative zu Merkel gibt.“

 

SPD-Trainer Sigmar Gabriel hat Fans und Gegner

Ob eine solche Schärfung des Profils unter SPD-Chef Sigmar Gabriel möglich ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. „Für einen Trainer wirkt er zu sprunghaft“, urteilt Hebel, „Plan und Strategie müssten stärker erkennbar sein.“ Breymaier betont hingegen die Stärken des Niedersachsen, wenn es darum gehe, Menschen bei Veranstaltungen zu begeistern. Gefragt, ob sie die Landes-SPD auf dem Weg über die 13-Prozent-Hürde sehe, mahnt sie zur Geduld: „Wir haben das Vertrauen der Wähler über eine lange Strecke hinweg verloren. Wir werden auch eine lange Strecke brauchen, um es neu zu gewinnen.“

Ausdauer wird möglicherweise auch der VfB brauchen. „Es wird schwer, in diesem Jahr wieder aufzusteigen“, warnt Erwin Staudt vor übertriebenen Hoffnungen. Der Leonberger, der von sich sagt, er stehe gerne bei den Gewinnern, hat es im Moment nicht leicht: Neben dem Abstieg seines Vereins muss er zugleich auch noch die Wahlschlappe seiner Landes-SPD verdauen. Staudt, seit 1970 Parteimitglied: „Wir müssen Themen wie die soziale Gerechtigkeit, die wir anderen überlassen haben, wieder neu für uns besetzen. Dann können wir uns auch wieder nach oben kämpfen.“ Schwarz sehen ist für die Roten jedenfalls weder auf dem Fußballplatz noch in den Parlamenten eine Option.