Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)
Sollte die Vermögensteuer wieder eingeführt werden?
Die Vermögenssteuer wurde 1997 ja nicht abgeschafft, sondern nur ausgesetzt. Hintergrund war die unterschiedliche Besteuerung von Immobilien und anderen Vermögenswerten, die vom Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungsgemäß erachtet wurde. Genaugenommen gibt es aber weiterhin eine Steuer auf Vermögen: die Grundsteuer.
Bleibt dabei nicht der größte Teil des Vermögens außen vor?
Der Immobilienbesitz ist mit einem Anteil von rund vier Fünfteln die quantitativ wichtigste Vermögenskomponente in Deutschland. Das zeigen nicht nur unsere Studien, sondern auch die Einkommen- und Vermögensstichprobe des Statistischen Bundesamtes oder die Zahlen der EZB. Ein Problem bei der Grundsteuer ist allerdings weiterhin die vergleichsweise niedrige steuerliche Bewertung der Immobilien. Und wer ein großes Geld- oder Betriebsvermögen hat, bleibt ganz außen vor, was unter Steuergerechtigkeitsaspekten problematisch ist.
Wie hoch müsste eine Vermögensteuer sein, um der Ungleichheit zumindest etwas entgegenzuwirken und dem Staat nennenswerte Einnahmen zu ermöglichen?
Bereits bei einem Steuersatz von einem Prozent kämen jährlich gut 16 Milliarden Euro zusammen. Selbst wenn man die zu erwartenden Anpassungsreaktionen berücksichtigt, kämen vermutlich immer noch gut elf Milliarden Euro zusammen. Man muss sich vergegenwärtigen, dass Top-Vermögende in der Regel einen Vermögensberater haben, der dafür sorgt, dass eine Rendite erzielt wird, die deutlich über dem liegt, was eine Vermögensteuer kosten würde. Das heißt, die zunehmende Akkumulation bei den Top-Vermögenden würde nur gedämpft.
Welche Rolle spielen Betriebsvermögen, um die es bei der jüngsten Reform der Erbschaftssteuer hitzige Debatten gegeben hat?
Knapp fünf Prozent der Erwachsenen halten Betriebsvermögen. Am gesamten Vermögensportfolio macht diese Komponente unseren Erhebungen zufolge etwa zehn Prozent aus. Wahrscheinlich ist allerdings, dass der tatsächliche Wert darüber liegt. Denn Top-Vermögende gehen nicht in die Statistik ein. Genau die halten aber oft besonders viel Betriebsvermögen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, Vermögen zu besteuern: mit einer jährlich zu zahlenden Vermögenssteuer oder mit der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Welcher Weg ist besser?
Ich bevorzuge die Erbschaftssteuer. Denn die Vermögenssteuer fällt jedes Jahr auch ertragsunabhängig an. Das kann bei einem Familienunternehmen zu einem nennenswerten Kostenfaktor werden. Die Erbschafts- oder Schenkungssteuer ist dagegen eine einmalige Angelegenheit.
Ist es vernünftig, dass die meisten Unternehmen weiterhin steuerfrei auf die nächste Generation übertragen werden können?
Die Frage ist doch: was ist das Ziel dieser Reform? Wenn es vor allem um die Arbeitsplatzsicherung geht, lassen sich die Ausnahmen vielleicht rechtfertigen. Aber woher weiß man, dass ein Erbe tatsächlich kompetent ist, ein Familienunternehmen erfolgreich fortzuführen. Vielleicht kann ein Investor, der das Unternehmen übernimmt, sogar mehr Arbeitsplätze schaffen.