Kultur: Adrienne Braun (adr)

In Münster werden ausschließlich Arbeiten für den öffentlichen Raum konzipiert. Eine Künstlerin hat ins Stadthafenbecken einen Steg unter der Wasseroberfläche gebaut – und man kann sicher sein, dass es ein fröhliches Planschen werden wird. Auch bei der Documenta gehörten Projekte im öffentlichen Raum immer schon dazu, einige haben sogar Geschichte geschrieben: Joseph Beuys pflanzte 7000 Eichen, Walter De Maria bohrte auf dem Friedrichsplatz tausend Meter in die Tiefe für seinen „Vertikalen Erdkilometer“.

 

Viele der verbliebenen Außenarbeiten sind heute Wahrzeichen von Kassel, das sein Image der Weltkunstschau verdankt. „Documenta-Stadt“ steht denn auch stolz auf den Ortschildern. Auch die Bewohner profitieren von den Gästen aus aller Welt, vermieten Zimmer, genießen das internationale Flair, manche bieten selbst Führungen an und beteiligen sich an Kunstaktionen – und sind hundert Tage lang Teil der großen, internationalen Kunstfamilie.

Der Chef der documenta 14 wird die gesamte Stadt bespielen

Adam Szymczyk, dem künstlerischen Leiter der diesjährigen „d 14“ ist es ein Anliegen, seine Weltschau mitten in Kassel zu verankern. Alte Fabriken werden genutzt für Ausstellungen zur Geschichte der Stadt. Die 74-jährige Künstlerin Marta Minujin hat bereits vor dem Friedericianum einen Parthenon aus 100 000 verbotenen Büchern aufgebaut. Ob im Park oder in den Kinos, ob an Bahnhöfen oder auf öffentlichen Plätzen – die „d 14“ wird während der kommenden hundert Tage in Kassel sehr präsent sein.

Und das ist gut so. Denn damit verlässt die Kunst ausnahmsweise ihren elitären Schutzraum und breitet sich mitten in der Stadt aus, dort, wo sie doch eigentlich hingehört: in den Alltag, ins Leben – und nicht weggesperrt in entrückte Kunsttempel.