In der Bürgerstiftung hat die Auftaktveranstaltung des Projekts „Deine Straße“ stattgefunden. Vier junge Frauen haben das soziale Start-Up-Unternehmen vor zwei Jahren gegründet, um die Menschen in ihrem Quartier zusammenzubringen.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Stuttgart sei ein großes Dorf, aber man habe dennoch kaum Bekanntschaften nebenan, schreibt Janine auf eine rosa Karteikarte. Die Frage, was für sie in Stuttgart der Begriff Nachbarschaft bedeutet, beantwortet sie deshalb mit „Nix“. „Ich hätte das schon gerne anders“, sagt Janine. Gemeinsam mit ihrem Freund war sie deshalb am Montagabend bei der Auftaktveranstaltung von „Deine Straße“ in der Bürgerstiftung in der Olgastraße.

 

Wer wohnt eigentlich neben mir? Und mit wem kann ich in Kontakt kommen, wenn ich mal Hilfe brauche? Das haben sich die vier Medienschaffenden Anja Weiler, Esther Fischer, Corinna Groß und Katharina Kulakow vor knapp zwei Jahren gefragt. Während ihrer Studiums an der Hochschule der Medien haben sie daher in einem Seminar das Projekt „Deine Straße“ entwickelt.

Das Konzept für das Projekt steht inzwischen

Was anfangs nur ein Studentenprojekt war, hat sich ausgeweitet. Das Konzept für das soziale Start-Up-Unternehmen steht inzwischen. Die Auftaktveranstaltung unter dem Titel „Komm doch mal rüber, Mann!“ in der Bürgerstiftung sollte nun dazu dienen, andere Interessierte für das Projekt zu begeistern, die sich ebenfalls ehrenamtlich für mehr dörfliches Flair in Stuttgart einsetzen wollen. Zehn interessierte Bürger waren dem Aufruf gefolgt.

Kennerlernen ist ein Credo, ebenso wie leihen statt kaufen und sich gegenseitig helfen. „Wir wollen die Anonymität in der Großstadt überwinden“, sagte Groß. Die vier Gründerinnen sind auf dem Dorf groß geworden, wo jeder jeden kennt. Dort, wo man selbstverständlich für den Kuchen ein Ei von der Nachbarin bekommt oder der Nachbar beim Wasserrohrbruch aushilft oder vielleicht einfach mal auf ein Schwatz vorbeikommt. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl wollen sie nun auch im Stuttgarter Süden mittels einer App stärken. Dort wohnen zwei der vier „Deine-Straße“-Mitglieder. Warum nicht gleich ganz Stuttgart? Im ersten Schritt sei es einfacher, sich auf einen Stadtbezirk zu beschränken. „In der App kann aber jeder selbst entscheiden, wie groß er seine Nachbarschaft haben möchte. Ob nun fünf Kilometer oder im Optimalfall nur 100 Meter“, erklärte Esther Fischer.

Im Sommer soll die App online gehen

Noch in diesem Sommer soll die „Deine Straße“-App an den Start gehen, über welche sich Nachbarn untereinander austauschen und vernetzen können. Bei der offenen Runde konnten die Teilnehmer Vorschläge dazu äußern, wie die App gestaltet sein soll. Die 31-jährige Elke fand es sinnvoll, dass dort Veranstaltungen gelistet sind, die im Viertel stattfinden. „Wenn man neu in der Stadt ist, sucht man ja Gruppen, in die man reinkommt.“

Ursprünglich sollte es eine Website geben. Die habe man nun zunächst hinten an gestellt, sagte Katharina Kulakow. „Beides ist im Moment gerade nicht zu stemmen.“ Bernd Lange, der sich bei dem Treffen selbst als der „Grufti“ bezeichnete, fand dies aber gerade für die Generation gut, die nicht mit den neuen Medien aufgewachsen ist. Eine App müsste nun zumindest für diese Gruppe leicht verständlich gestaltet sein, gab der 66-Jährige zu Bedenken.

Das Ziel von „Deine Straße“ ist aber ja ohnehin nicht, sich lediglich via Smartphone vernetzen. „Die App soll nur ein Türöffner sein“, sagt Katharina Kulakow. Denn wie praktisch wäre es doch, wenn der Babysitter direkt nebenan wohnen würde oder wenn die Frau von oben die Blumen gießt, während man selbst im Urlaub ist. „Jeder hat Fähigkeiten, die vielleicht jemand anderes in der Nachbarschaft gerade brauchen kann“, ergänzte Corinna Groß.

Feste sollen auf jeden Fall mit dabei sein

Einig waren sich die meisten aber dann, dass es nicht nur eine Art Tauschbörse sein soll. Hoffeste, Stammtische oder Nachbarschaftstreffen verbanden die Bürger mit dem Projekt. „Das Schöne ist ja die Offline-Komponente. Eine Chat-Funktion in der App würde verhindern, dass sich die Leute treffen“, vermutete eine Teilnehmerin.

Inzwischen haben die vier ehrenamtlichen Gründerinnen vier Arbeitsgruppen gebildet. Wer sich in den Bereichen Veranstaltungen, Sponsoring, Marketing oder Design engagieren möchte ist eingeladen, sich bei „Deine Straße“ zu beteiligen.