Während in den USA die Proteste gegen den künftigen US-Präsidenten weitergehen, kassiert Donald Trump womöglich bereits eines seiner Wahlversprechen.

New York - Die Proteste gegen Donald Trump in den USA dauern an: In mehreren Städten demonstrierten am Wochenende zehntausende Gegner des designierten US-Präsidenten. Trump rückte derweil von einem zentralen Wahlversprechen teilweise ab: In einem Interview stellte er in Aussicht, Teile der Gesundheitsreform seines Vorgängers Barack Obama beizubehalten. Trumps Übergangsteam nahm weiter Konturen an. „Kein rassistisches Amerika“ und „Donald Trump muss weg“ riefen tausende Demonstranten in Chicago. In Los Angeles und New York protestierten jeweils rund 10.000 Trump-Gegner. Auch in Washington gab es Proteste.

 

In New York zogen die Demonstranten bis zu Trumps Wohnsitz im Trump-Tower. Der Tycoon schrieb im Kurzmitteilungsdienst Twitter just in dem Moment, als sich die Menge vor dem Trump Tower versammelte: „Das wird ein großer Moment im Leben von ALLEN Amerikanern. Wir werden uns vereinen und wir werden gewinnen, gewinnen, gewinnen!“ Die Menge skandierte derweil: „Trump ist nicht mein Präsident“. Bei Protesten in Portland im Bundesstaat Oregon fielen am Samstag Schüsse. Laut Polizei und Augenzeugen war offenbar ein Streit Auslöser für die Gewalt.

In einem am Freitag veröffentlichten Gespräch mit dem „Wall Street Journal“ sagte Trump, er wolle Obamas Gesundheitsrefom möglicherweise lediglich nachbessern. Die Reform werde entweder „verbessert oder widerrufen oder ersetzt“. Seinen Positionswechsel führte Trump auf das Gespräch mit dem scheidenden Staatschef am Donnerstag im Weißen Haus zurück: Obama habe ihn gebeten, Teile der Reform zu erhalten, und er wolle darüber nachdenken.

Für eine weitere Überraschung sorgte Trump mit seinem Übergangsteam: Er ersetzte den monatelangen Leiter des Teams, Gouverneur Chris Christie, durch den designierten Vizepräsidenten Mike Pence. Christie wertete er zu einem von mehreren Stellvertretern ab. Hintergrund dürfte ein Politskandal sein, der den Gouverneur von New Jersey belastet. War Trump im Wahlkampf noch gegen das Washingtoner Polit-Establishment zu Felde gezogen, gehören seinem Team nun einige Persönlichkeiten eben dieses Establishments an. Darunter ist Republikaner-Parteichef Reince Priebus, der als möglicher Stabschef im Weißen Haus gehandelt wird. Die Bekanntgabe des Stabschefs stehe „kurz bevor“, sagte Trumps Kampagnen-Managerin Kellyanne Conway.

Der 70-Jährige holte zudem seine drei ältesten Kinder Donald junior, Ivanka und Eric sowie seinen Schwiegersohn Jared Kushner in das Übergangsteam. Gleichzeitig sollen sie künftig sein Unternehmensimperium leiten.

In einem Sender mit dem Sender CBS berichtete Trump von einem Anruf von Ex-Präsident Bill Clinton, der „nicht liebenswerter hätte sein können“. Er werde „sicher darüber nachdenken“, Clintons Rat in Anspruch zu nehmen. Den Anruf seiner Rivalin Hillary Clinton am Dienstag, mit dem sie ihm zum Sieg gratuliert hatte, nannte er „charmant“. Eine Untersuchung gegen Clinton wegen deren E-Mail-Affäre sei nicht mehr vorrangig.

Clinton machte unterdessen den Direktor der US-Bundespolizei FBI, James Comey, für ihre Wahlniederlage verantwortlich. Die Bekanntgabe neuer FBI-Ermittlungen zur Nutzung ihres privaten E-Mail-Kontos weniger als zwei Wochen vor der Wahl habe ihr geschadet, sagte die unterlegene US-Präsidentschaftskandidatin laut US-Medienberichten am Samstag in einer Telefonkonferenz mit Wahlkampfunterstützern. Die EU-Außenminister wollten am Sonntagabend bei einem Sondertreffen über die US-Wahl beraten.

Der britische Außenminister Boris Johnson wollte nicht teilnehmen. London sehe keine Notwendigkeit für ein solches Treffen, erklärte sein Ministerium. Die US-Wahl sei ein demokratischer Akt. Derweil traf der britische Rechtspopulist und Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage als erster britischer Politiker nach der Wahl Trump in New York. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) fordert in der „Bild am Sonntag“ einen Neustart zwischen Europa und dem gewählten US-Präsidenten: „Beide Seiten sollten nun auf Null schalten und sich eine Chance geben.“