Jahrelang hat die FDP das Opernhaus in Stuttgart für ihr Dreikönigstreffen sehr günstig bekommen. Dann wurde die Miete massiv erhöht. Eine verdeckte Subvention?

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Es sind jedes Jahr, wenn Dreikönig naht, die gleichen Diskussionen in der Südwest-FDP. Wer darf bei der traditionellen Kundgebung im Großen Haus der Stuttgarter Staatstheater reden, wer muss sich mit einem Grußwort beim vorhergehenden Landesparteitag begnügen? Soll man vier oder fünf Spitzenpolitiker zu Wort kommen lassen? Wie viele aus dem Land, wie viele aus dem Bund?

 

Neuerdings gibt es aber auch eine ganz andere Diskussion über das Dreikönigstreffen. Mit welchem Recht darf die FDP eigentlich die Staatsoper nutzen? Zu welchen Konditionen? Schadet oder nutzt der politische Jahresauftakt dem Kulturtempel? Solche Fragen werden schon eine Weile in den Gremien des Theaters erörtert – und inzwischen zunehmend auch öffentlich. Nach dem Wechsel des geschäftsführenden Intendanten 2009 wurden die Mietbedingungen für die Liberalen kritisch hinterfragt. Und seit dem Regierungswechsel im Land 2011 stellen Kulturpolitiker der Grünen grundsätzlich infrage, ob man der FDP weiterhin die Oper überlassen solle.

Vermietung an FDP die „absolute Ausnahme“

Eigentlich ist das Große Haus überhaupt nicht zu mieten. Anders als bei der Semperoper in Dresden, der Deutschen Oper Berlin oder dem Münchner Prinzregententheater „gehört die Vermietung von Räumlichkeiten nicht zum Geschäftsmodell der Staatstheater“, sagt der geschäftsführende Intendant Marc-Oliver Hendriks. Anfragen gibt es zwar immer wieder, aber interessierte Kulturveranstalter, die die Oper gerne in den Sommerferien bespielen würden, erhalten durchweg Absagen. Selbst für Stadt und Land als Träger macht man nur selten Ausnahmen, etwa für repräsentative Anlässe wie die Verabschiedung eines Ministerpräsidenten. Zum einen, so die Begründung, würden die Spielstätten intensiv für Proben und Aufführungen genutzt. Zum anderen sei der bauliche Zustand so schlecht, dass die spielfreie Zeit „dringend für den Bauunterhalt benötigt wird“.

Die Vermietung am 6. Januar an die FDP, sagt der Geschäftsführer Hendriks, sei eine allein historisch begründete „absolute Ausnahme“. Seit 1866 bereits gehört das Dreikönigstreffen zum Brauchtum der Südwest-Liberalen. Zunächst fand es in der alten Liederhalle statt. Als die Tradition nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1946 wieder aufgenommen wurde, gab es im zerstörten Stuttgart kaum geeignete Räume. So fiel der Blick schnell auf das Opernhaus, das zudem den Vorzug hatte, beheizbar zu sein. Aus der Notlösung wurde eine Dauerlösung, aus der Ausnahme eine Art Gewohnheitsrecht.

Miete steigt von 4500 auf 10 000 Euro

Was aber wäre, wenn eine andere Partei die Bühne im Opernhaus begehren würde? Zumal eine nicht verbotene, aber politisch unerwünschte? Bisher gab es ein solches Ansinnen nicht. Käme es dazu, würde es zurückgewiesen – womöglich mit der Folge, dass wie im Streit um Stadthallen die Gerichte entscheiden müssten. Dann würde sich zeigen, wie belastbar die Grundlage für das FDP-Privileg ist.

Nicht belastbar war jedenfalls die Kalkulation, die Hendriks bei seinem Amtsantritt 2009 vorfand. Damals zahlten die Freidemokraten eine Pauschale von 4500 Euro, deutlich weniger als für vergleichbare Räumlichkeiten. Das sei „nicht mehr marktgerecht“, befand der Intendant. Also wurde verhandelt und erhöht – 2010 auf 6000 Euro, 2011 dann auf 10 000 Euro zuzüglich insgesamt 2000 Euro für Personal, Feuerwache und Reinigung. Die FDP-Oberen stöhnten zwar über den Preisschub und erwogen einen Ortswechsel, entschieden dann aber doch, in der Oper zu bleiben.

Geldwerter Vorteil als Spende an die Partei?

Einst 4500 Euro, heute 10 000 Euro – im Verwaltungsrat provozierten die Mietkonditionen eine heikle Frage: In der Vergangenheit, argwöhnte dort der Grüne Michael Kienzle, habe es sich womöglich um eine „Quersubventionierung von politischen Parteien“ gehandelt. Um diesen Verdacht erst gar nicht aufkommen zu lassen, sagt Hendriks heute, habe man die „auskömmliche Pauschale“ eingeführt. Bei pingeliger Betrachtung könnte man sogar vermuten, der Preisvorteil für die FDP stelle eine Sachspende dar, deren geldwerter Vorteil im Rechenschaftsbericht hätte ausgewiesen werden müssen. Aber davon will der Landesgeschäftsführer Sebastian Haag nichts wissen: Man habe seinerzeit den vereinbarten Preis bezahlt, von einer Spendenthematik könne keine Rede sein.

Am weitesten gehen die Ansichten auseinander, wenn man nach dem Imageeffekt des Dreikönigstreffens fragt. Der sei für die Staatstheater „sicher positiv“, findet der Parteimanager Haag: schließlich handele es sich um die „einzige deutschlandweite Live-Fernsehübertragung“ aus dem Opernhaus. Weil das Theater „parteipolitisch neutral“ sei, sagt der geschäftsführende Intendant Hendriks, dürfe sich die Vermietung an die FDP weder positiv noch negativ auswirken. „Andernfalls müsste man die Fortsetzung konkret hinterfragen.“ Der Grünen-Kunststaatssekretär Jürgen Walter kommentierte die Sache spöttisch: Der Ruf der Stuttgarter Oper sei „derart großartig“, dass ihn auch die alljährliche FDP-Aufführung nicht zerstören könne.