Virtuelle Landminen im Teppich und Gewehrsalven auf dem Bildschirm: Die Geislinger Schau zur Geschichte des Völkerrechts ist interaktiv

Geislingen - Ein rotes Kreuz auf weißem Grund schützt die Besucher vor den virtuellen Gewehrschüssen, die in der Ausstellung im DRK-Landesmuseum in Geislingen zu hören sind. Schon am Zelteingang zur Schau „Was zählt der Mensch“ erhält jeder eine solche Armbinde und kann sich dann mit einem modernen Tabletcomputer in der Hand durch die historische Schau begeben, die von diesem Mittwoch an erzählt, wie es zur Genfer Konvention kam. Diese nahezu weltweit anerkannten Vereinbarungen regeln seit 150 Jahren den Schutz der Menschen, die nicht unmittelbar an Kampfhandlungen in bewaffneten Konflikten und Kriegen beteiligt sind.

 

Das Zelt erinnert an ein Wohnzimmer

Für die kleine, aber feine Schau, die der frühere Oberbürgermeister von Friedrichshafen, Josef Büchelmeier, der nun Vorstandsmitglied des Dunantmuseums im Schweizerischen Heiden am Bodensee ist, konzipiert hat, reicht tatsächlich ein ganz normales Zelt aus, das die Geislinger Museumsmacher im Erdgeschoss des Rot-Kreuz-Landesmuseums aufgebaut haben. Leicht verunsichert von der befremdlichen Installation betritt der Besucher das Zeltinnere, das auf den ersten Blick ein wenig an ein Wohnzimmer erinnert – denn auf dem Boden liegt ein handgeknüpfter Teppich. Die auf Leuchtkästen aufgezogenen Bilder könnten genausogut an einer heimischen Wand hängen. Einer dieser Kästen hat das Aussehen eines alten Röhrenfernsehers.

Reale und virtuelle Welt vermischen sich

Wer mit dem Tablet-Computer in der Hand vor einem der Leuchtkästen stehen bleibt, setzt einen unsichtbaren Mechanismus in Gang, bei dem auf dem Bildschirm visuelle Effekte erzeugt werden und akustische Informationen über Kopfhörer eingespielt werden. So entstehen zwei Handlungsebenen, wobei sich die reale und die virtuelle Welt miteinander vermischen.

Die Armbinde schützt vor dem Gewehrfeuer

Passend zur ersten Station im Zelt, wo eine Straßenszene in einer zerstörten syrischen Stadt zu sehen ist, taucht ein schießender Gewehrlauf auf. Trägt der Betrachter aber die besagte schützende rot-weiße Armbinde, wendet sich der Lauf ab, und das Gewehr schweigt. Mit dieser Symbolik werden die Besucher in die Thematik rund um das umfangreiche Regelwerk der Genfer Konventionen eingeführt, die das Herzstück des humanitären Völkerrechts darstellen.

Zwei Schritte weiter taucht beim Rundgang vor einem historischen Gemälde von der Unterzeichnung der Genfer Konvention 1864 im Rathaus der Stadt Genf, also vor 150 Jahren, auf dem Bildschirm ein Raster auf, das beim Anklicken zahlreiche Informationen zu den Themen Waffen, Kriegsgefangene und Humanität liefert.

Landminen stecken im Teppich

Auch der von afghanischen Frauen gefertigte Teppich hat es in sich. Meist erst auf den zweiten Blick würden die eingeknüpften Panzer und Gewehre entdeckt, erklärt Büchelmeier, der zeigt, wie ein Tritt auf die versteckten Landminen eine Explosion auf dem Tablet erscheinen lassen. Büchelmeier will diese Ausstellungskopie nach ihrem ersten Auftritt in Geislingen auf Wanderschaft durch Deutschland und die Schweiz schicken. Das Original bleibt in Heiden im Appenzellerland.

Eine Schlacht verändert den Umgang mit Kriegsverletzten

Begründer:

Der Schweizer Geschäftsmann Henri Dunant gilt als der Begründer des Internationalen Roten Kreuzes. Unter dem Eindruck der Leiden der Verwundeten bei der Schlacht von Solferino im Jahr 1859 zwischen der Armee Österreichs sowie den Truppen Sardinien-Piemonts und Frankreichs legte er seine Beobachtungen in einem Buch nieder. Seine Vorstellungen vom Umgang mit Kriegsverletzten beeinflussten die 1864 von zwölf Nationen beschlossene Genfer Konvention. Bereits 1863 wurde das Internationale Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege, das seit 1876 den Namen Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) trägt, gegründet.

Öffnungszeiten:

Das Rot-Kreuz-Landesmuseum in der Heidenheimer Straße 72 in Geislingen ist in geraden Kalenderwochen samstags von 11 bis 16 Uhr sowie in ungeraden Wochen sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Die Sonderschau „Was zählt der Mensch“ wird am Mittwoch, 10. September, um 18 Uhr eröffnet und ist bis zum 4. Januar 2015 zu sehen. Zusätzliche Besichtigungstermine können vereinbart werden. Die Kontakttelefonnummer lautet 0 71 61/6 73 90.