Drohnen sind leicht zu steuern, sie fliegen sogar per Autopilot. So können sie zum Beispiel Menschen in abgelegenen Regionen mit Medikamenten versorgen. Hilfsorganisationen nutzen Quadrokopter daher immer häufiger.

Stuttgart - Mit Drohnen werden Krieg und Konflikt assoziiert, doch sie werden auch zunehmend zu humanitären Zwecken eingesetzt – etwa in Afrika, wo regelmäßig rund eine Milliarde Menschen von der Außenwelt isoliert ist, was in Notsituationen dramatische Auswirkungen haben kann. Vor allem das US-Unternehmen Matternet ist hier aktiv. Sein Plan zur Hilfe mittels Drohnen basiert auf dem in Afrika flächendeckend gut ausgebauten Mobilfunk- und Internetnetz. Daran angeknüpft will das Unternehmen GPS-gesteuerte Transportroboter stationieren, die etwa Lebensmittel oder Medikamente an entlegene Orte bringen können.

 

Die Quadrokopter fliegen mit vier Rotoren. Sie werden gesteuert, indem sie die Drehzahl der einzelnen Antriebe erhöhen oder drosseln. Ein Autopilot erlaubt einen komplett selbstständigen Flug inklusive Start und Landung. Bis zu 120 Meter hoch sollen die Drohnen mit 40 Kilometern pro Stunde fliegen können. Sie sollen in der Lage sein, selbstständig neue Batterien an Dockingstationen aufzunehmen und verbrauchte zur Aufladung abzulegen. Diese Landestationen sollen im Abstand von zehn Kilometern eingerichtet werden. Eine mit einem zwei Kilogramm schweren Paket beladene Drohne soll diese Strecke in 15 Minuten zurücklegen können.

Matternet wird immer häufiger von Hilfsorganisationen angefragt, obwohl die Drohnen offiziell erst im ersten Quartal dieses Jahres auf den Markt kommen. Sie sollen die Arbeit der Hilfsorganisationen in schwer erreichbaren oder unsicheren Gegenden verbessern. So waren die Quadrokopter des Unternehmens bereits erfolgreich für Ärzte ohne Grenzen in Papua-Neuguinea oder im Himalaja-Staat Bhutan für die WHO unterwegs, wo auf 10 000 Menschen nur drei Ärzte kommen und viele Bewohner in entlegenen Bergregionen leben. Die Drohnen verbinden diese Gegenden mit den Kliniken und liefern Medikamente selbst in extreme Höhenlagen.

Deutsche Firmen testen die Technik

Nach Aussagen des Gründers und Geschäftsführers von Matternet, Andreas Raptopoulos, liegt der Preis für eine Drohne bei 2000 bis 5000 US-Dollar (1800 bis 4400 Euro), der für eine Landestation soll etwa gleich hoch sein. Ein 138 Quadratkilometer großes Areal in Afrika mit 150 Drohnen soll somit für rund 900 000 US-Dollar realisierbar sein. Die Betriebskosten für einen Drohnenflug sollen unter einem US-Dollar liegen. „Ich sehe unser System auch als Plattform für wirtschaftliches Wachstum“, sagt Raptopoulos. „Südafrika und Südostasien verzeichnen ein explosives Wachstum, haben aber eine schlechte Infrastruktur. Wir kreieren ein neues System für die Zukunft.“ Das weitgehend über Risikokapital finanzierte Unternehmen will mit Drohneneinsätzen etwa durch Pakettransporte in den USA das Geld verdienen, das für den Aufbau von Netzwerken in armen Regionen benötigt wird.

Transportdienste mit Drohnen schweben auch dem Großkonzern Amazon vor. Mit dem Service „Prime Air“ sollen Pakete in circa drei Jahren innerhalb von 30 Minuten mittels autonom fliegender Oktokopter ausgeliefert werden, also mit achtmotorigen Drohnen. In Deutschland ist man bei der Deutschen-Post-Tochter DHL bereits mitten in der Umsetzung. Ihr „DHL Paketkopter“ lieferte schon 2013 selbstständig Medizin von einer Bonner Apotheke über den Rhein und wurde im vergangenen Jahr – mit der RWTH Aachen und der Microdrones GmbH – eingesetzt, um die Eil- und Notfallversorgung der Nordseeinsel Juist vor allem mit Medikamenten sicherzustellen, wenn keine Fähr- oder Flugverbindungen möglich sind.

Auch andere Firmen testen die Technik. So werden im Volkswagen-Werk in Baunatal Drohnen in Produktionshallen eingesetzt, um Druckluftlecks zu finden. Die Fluggeräte stammen von der Firma Aibotix aus Kassel. Weitere Einsätze haben die Drohnen etwa in der Steinbruchvermessung, bei der Inspektion der Hochspannungsleitungen von RWE oder bei der Sicherheitsinspektion der Köhlbrandbrücke in Hamburg hinter sich, der mit 3600 Metern zweitlängsten Brücke Deutschlands.

Die Einsätze sind bisher kaum geregelt

Die Deutsche Bahn hat Drohnen entwickelt, die mit Wärmebildkameras in der Dunkelheit Graffitisprayer zwischen abgestellten Zügen aufspüren können. Eine Drohne für diesen Einsatz kostet rund 50 000 Euro. Dafür kann sie bis zu 150 Meter hoch und beinahe geräuschlos fliegen. Der Einsatz scheiterte bisher aber an einer nicht erteilten Nachtflugerlaubnis.

Allgemein sind Drohneneinsätze noch kaum geregelt. Amazon orientiert sich an den rechtlichen Rahmenbedingungen der USA, wo Drohnen im Wesentlichen noch verboten sind. In Deutschland müssen alle kommerziellen Einsätze von den Luftsicherheitsbehörden genehmigt werden. Der „Paketkopter“ oder auch die Drohne der Bahn dürfen am Tag ihre Einsätze fliegen. Es fehlen auch Zertifizierungsvorschriften für das Gerät und Lizenzierungsvorschriften für den, der es steuert – hier müssen noch Erfahrungen gesammelt werden. Aus diesem Grund ist der Aufstieg bislang allgemein so restriktiv geregelt.

Drohnen mit Wärmebildkameras werden bereits seit geraumer Zeit weltweit in der Landwirtschaft eingesetzt. Bereits 1987 entwickelte etwa das japanische Unternehmen Yamaha einen unbemannten Mini-Helikopter und vertreibt die moderne Version noch heute erfolgreich – in Japan vor allem zur Pflanzung und zum Besprühen von Reis, aber auch zu Schädlingskontrolle oder zum gezielten Ausbringen von Pestiziden oder Dünger. Heute sind in Japan rund 2400 „RMAX“-Helikopter unterwegs auf mehr als 310 000 Hektar Fläche.

Die rasche Verbreitung von Drohnen liegt vor allem an der sich schnell weiterentwickelnden Technik, die insbesondere dem Fortschritt der mobilen Kommunikationstechnik zu verdanken ist. Kleinste GPS-Module und starke Prozessoren werden günstiger, da sie für den Einsatz in Smartphones in Massenproduktion gefertigt werden. Allerdings: mit zunehmender Verbreitung von Drohnen wird es im Luftraum enger. Deshalb untersuchen derzeit die US-amerikanische Luftfahrtbehörde FAA, die Nasa und das Unternehmen Airware, wie sich autonom fliegende Drohnen in die hochreglementierten Lufträume integrieren lassen. So sollen die Flugpläne für geschäftliche Drohnen ins Internet gestellt werden, wo die Routen von einer Spezialsoftware untereinander, mit dem Wetter, physischen Hindernissen und Flugzeugen abgeglichen werden. Ziel ist ein automatisches Ausweichen der Drohnen, wenn bemannter Flugverkehr naht. 2017 sollen die Tests abgeschlossen sein. Dann könnten viele Unternehmen wie Amazon, die mit ihren Ideen in den Startlöchern stehen, diese endlich in den USA umsetzen.