Kultur: Adrienne Braun (adr)


Wenn für diese künstlerischen Botschaften ein paar Kilo Brot in einer Vitrine schimmeln, ist das absolut vertretbar. Und auch, wenn Schokolade ausnahmsweise an die Wand geschmiert und nicht in XXL-Packungen zu Schleuderpreisen verramscht wird. Das Kunstmuseum zu kritisieren, weil es tausend frisch ausgebackene Reibekuchen an die Wand genagelt hat, ist letztlich wohlfeil und ein billiger Triumph.

Denn die Künstler und Theaterleute sind die falschen Adressaten, wenn man ernsthaft Verschwendung geißeln will. Bei ihnen kann man davon ausgehen, dass sie bewusst mit dem Material umgehen. Das Ziel ist nicht, Lebensmittel im Unverstand zu vergeuden, sondern sie bekommt eine neue Funktion: als geistige Nahrung, als Mittel, um künstlerische Inhalte zum Ausdruck zu bringen.

Lebensmittel landen ständig im Müll


In Privathaushalten wird übrigens mit Lebensmitteln oft mit weniger Bedacht umgegangen, und zwar jenseits von Würstchenschnappen beim Kindergeburtstag und dem Basteln von Lebkuchenhäuschen, die später niemand mehr essen mag. Zwanzig Prozent der gekauften Lebensmittel landen in Deutschland im Müll. In den Vereinigten Staaten sind es einer neuen Studie zufolge sogar vierzig Prozent.

In unserem Nahrungskreislauf ist die Vernichtung von Nahrung strukturell angelegt. Supermärkte und Discounter werfen Tonnen von Lebensmitteln noch vor dem Verfallsdatum auf den Müll, überall, ob in Restaurants, Großküchen oder in der Landwirtschaft, wird Essen vernichtet. Wenn die Künstler also den Blick dafür schärfen, was uns Nahrung heute bedeutet und wert ist, wären ein paar Kilo Zucker und sogar tausend Kartoffelpuffer absolut gut angelegt.