Der Ebnisee droht keinesfalls umzukippen, betonen Experten des Landratsamts. Die Gemeinde und der Förderverein indes wünschen, dass die „Perle des Schwäbischen Waldes“ von Sedimentationen befreit wird.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Kaisersbach - In der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause haben sich in Kaisersbach wohl schon länger angestaute Emotionen heftig entladen. Die Bürgermeisterin Katja Müller, seit rund anderthalb Jahren im Amt, berichtete davon, dass die Forstverwaltung beabsichtige, im Herbst eine aufwendige Dammsanierung am Ebnisee vorzunehmen. 237 000 Euro sei der Eigentümer, der Forst Baden-Württemberg, bereit, dafür zu investieren. Für eine schon vor Jahren ins Gespräch gebrachte Entschlammung des traditionsreichen Stausees hingegen sei kein Geld vorhanden – und für eine Erledigung beider Maßnahmen in einem Aufwasch fehle es wegen der späten Bekanntmachung nun an der nötigen Vorbereitungszeit.

 

See vor dem Exitus?

Im Gemeinderat brach heraus, was einige im Geheimen wohl schon immer vermutet hatten: Die Kommune am östlichen Rand des Rems-Murr-Kreises, in diesem Fall ihre überregional beliebte touristische Attraktion, werde mal wieder stiefmütterlich behandelt. Mehr noch: was sich schon länger scheinbar harmlos im Norden des Sees als kleiner Strand offenbare, bedeute nichts anderes, als dass die „Perle des Schwäbischen Waldes“ wegen massiver Sedimentation vor dem Exitus stehe. Und niemand sei bereit, etwas dagegen zu unternehmen. Diese Botschaft jedenfalls transportierte die Lokalzeitung – und seither ist nicht nur Kaisersbach in heller Aufruhr.

Tatsächlich berichtet Konrad Jelden, der Vorsitzende des rührigen Ebniseevereins, auf Nachfrage, dass er schon vor zwei Jahren beim Waiblinger Landratsamt – wo er früher mal selbst in führender Position tätig war – mit dem Vorschlag einer See-Entschlammung abgeblitzt sei. Eine naturschutzrechtliche Prüfung habe damals ergeben, dass ein Ablassen des Wassers bedenklich sei, weil dadurch das Neunauge, ein aalartiges, mit Kiemen ausgestattetes Wirbeltier, in Gefahr gebracht werden könnte. Jelden legte das Vorhaben gedanklich ad acta – doch als er von der geplanten Dammsanierung erfuhr, und davon, dass dazu der Wasserpegel um ein bis zwei Meter abgesenkt werden müsse, witterte er die Gelegenheit für einen weiteren Vorstoß. Dass sich der Zorn der Kaisersbacher Gemeinderäte nach der neuerlichen Absage in Richtung Forst entladen hat, bedauert er. „Das haben die nicht verdient, wir haben immer gut zusammengearbeitet.“

Martin Röhrs, der Geschäftsbereichsleiter Forst im Waiblinger Landratsamt, sieht sich, gerade zurück aus dem Urlaub, allerdings mit einer Welle ungerechtfertigter Vorwürfe konfrontiert. Auch der Backnanger Landtagsabgeordnete und klimaschutzpolitische Sprecher der SPD, Gernot Gruber, hat sich eingeschaltet. Mit der Bitte um wohlwollende Prüfung des Sachverhalts hat sich der Parlamentarier direkt an den Landesforstpräsidenten Max Reger gewandt und notfalls eine Weiterleitung an den zuständigen Minister in Aussicht gestellt. Röhrs bedauert, dass die emotionale Debatte jegliche sachliche Ebene verloren habe. Der Ebnisee sei keineswegs kurz vor dem Umkippen, wie teilweise kolportiert worden sei. Die Wasserqualität sei gut, eine ständige Durchmischung dank Zu- und Ablauf gegeben, sagt Röhrs.

Das Gewässer ist ein Biotop

Natürlich könne man über die von der Gemeinde geforderten Maßnahme nachdenken, räumt er ein. „Aber die Dammsanierung hat mit einer etwaigen Ausbaggerung des Sees nichts zu tun. Eine gemeinsame Erledigung hätte auch keinerlei Kostenvorteile.“ Er sage zu, den See jederzeit abzulassen, wenn dies gewünscht und für notwendig erachtet werde, betont Röhrs – allerdings nur unter Berücksichtigung der arten- und naturschutzrechtlichen Belange. Schließlich sei der See gemäß Paragraf 30 des Bundesnaturschutzgesetzes als Biotop zu behandeln. Eingriffe seien dementsprechend genau zu prüfen. Auch bei der Dammsanierung, die nach einer ingenieurtechnischen Untersuchung angeordnet worden sei und vor allem wegen des Einbaus von Überlaufsensorik vergleichsweise teuer ausfalle, habe man entsprechende Belange beachtet.

Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt hält Röhrs eine Ausbaggerung des Sees ohnehin nur für eine kosmetische Maßnahme. Wenngleich er einräumt, dass eine komplette Verfüllung durch Ablagerungen und damit der Exitus als Badesee durchaus denkbar wäre – dies allerdings erst in hunderten von Jahren.

Der einstige Flößersee

Dimension
Der Ebnisee ist ein rund 6,7 Hektar großer Stausee. Er liegt auf der Gemarkung der Gemeinde Kaisersbach im Welzheimer Wald im Osten des Rems-Murr-Kreises. Er ist im Schnitt zwei bis drei Meter tief und fasst gut 160 000 Kubikmeter Wasser. Gespeist wird der See im Norden durch einen Zufluss der Wieslauf, im Süden wird er in Richtung Rems entwässert. Gestaut wird er dort durch einen Damm, über dem die Landesstraße verläuft.

Geschichte
Der Ebnisee-Staudamm war im Jahr 1745 errichtet worden, um Flößern zu ermöglichen, Holz aus dem Welzheimer Wald einfach und kostengünstig in die Residenzstädte Stuttgart und Ludwigsburg zu transportieren. Die normale Wasserführung der Wieslauf reichte dazu nicht aus. Mit der Entwicklung der Eisenbahn endete die Bedeutung der Flößerei. Als der Ebnisee von 1884 an zum Schutz vor Hochwasser wieder angestaut wurde, entwickelte er sich zu einem beliebten Ziel für Naherholungssuchende.