Die Mauer an der Stadtkirche ist das Zentrum des Echterdinger Weinbaus. Der Obst- und Gartenbauverein liest in dieser Woche die Trauben. Im Februar wird der junge Wein bei der Mauerweinprobe ausgeschenkt.

Echterdingen - Die Mauer der Echterdinger Stadtkirche ist ein kleines Zentrum des Weinanbaus auf den Fildern. Unter Netzen, welche die Früchte vor Vogelschnäbeln schützen, sind zurzeit die Traubensorten Phönix für Weiß- und Regent für Rotwein im Erntestadium. Noch in dieser Woche ist Weinlese.

 

Überall, wo der Staat hochrangige Gäste aus dem In- und Ausland zu Tisch bittet, werden die edlen Tropfen aus Echterdingen nicht ausgeschenkt. Einmal im Jahr aber, Ende Februar, gibt es im Vereinsheim des Obst- und Gartenbauvereins, der die Reben pflegt, erntet und den Wein erzeugt, ein Fest mit deftigem Vesper, bei dem er den für die Filder eher typischen Most aufs Vortrefflichste ersetzt. „Bei dieser sogenannten ‚Mauerweinprobe‘ ist auch der Oberbürgermeister immer dabei“, sagt Jochen Mayer, der Verantwortliche für den Weinanbau im Verein. Insgesamt produzieren die Echterdinger rund 100 Liter Wein. Nach der Weinlese kommen die Beeren ins Vereinsheim. Dort werden die Rispen in Handarbeit entrappt, wie der Vorgang des Pflückens der Beeren von den Rispen genannt wird. „Danach mahlen wir die Trauben und maischen sie ein. Dann bleibt der Wein drei Tage lang auf der Maische sitzen. Der Regent entwickelt so seine rote Farbe. Dann wird der Wein abgepresst und kommt in ein Fass aus Kunststoff“, sagt Jochen Mayer.

Die Resistenz gegen Mehltau hat nachgelassen

Um eine kontrollierte Gärung zu erreichen, setzen die Obst- und Gartenbauer dem Wein Hefe zu: „Wenn er wild gären würde, wäre die Gefahr groß, dass er nichts wird.“ Gegen Weihnachten, sagt Mayer, werde der Wein von der Hefe abgezogen und ruhe im Fass. „Im Februar haben wir dann einen Primeur, dann feiern wir mit dem jungen Wein die Mauerweinprobe.“ Die beiden Rebsorten, Phönix und Regent, sagt Mayer, seien Züchtungen der Uni Hohenheim. „Phönix sollte resistent gegen Fäule und Mehltau sein. Vor 15 Jahren hat ein extrem feuchtes Jahr den Trauben dennoch zugesetzt. Jetzt sind die Reben nicht mehr so widerstandsfähig. Wir müssen spritzen“, sagt Jochen Mayer. In diesem Jahr werde der Wein „relativ gut“.

Ende des 16. Jahrhunderts gaben die Weinbauern auf

Weinbau soll es in Echterdingen schon seit dem 13. Jahrhundert gegeben haben. Eine Chronik aus 1666 erwähnt zwei Keltern, eine bei der heutigen Zehntscheuer nahe der Stadtkirche, die einst den Mönchen des Klosters Bebenhausen gehörte, und eine weitere in Richtung Waldheim. Überzeugt von der Qualität des Echterdinger Weins scheinen die Erzeuger nicht gewesen zu sein. Ende des 16. Jahrhunderts endete der Weinanbau. Erst in den 1970er Jahren wurde die Tradition des Weinbaus an der Kirchenmauer wiederbelebt, zunächst von der Stadt, dann vom Obst- und Gartenbauverein, der auch Reben in seinem Lehrgarten beim Vereinsheim anbaut.