22.07.2010 - 10:51 Uhr
Wiedekings Freunde sagen, dass ihr Kumpel unter den Anschuldigen ziemlich leide und alles dafür tue, seine Unschuld zu beweisen. In ihren Augen ist es ausgeschlossen, dass der einstige Topmanager verurteilt wird - im Gegenteil. Sie hoffen auf eine vollständige Rehabilitation ihres Kameraden. Als Bösewichte haben sie zwei andere identifiziert: den VW- und Porsche-Patriarchen Ferdinand Piëch und den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff.
In solchen Dingen ist Wiedeking nachtragend. Anders als bei der Wahl Horst Köhlers, blieb er der Bundesversammlung diesmal fern. Er wollte, so sagen Vertraute, nicht aus der Nähe beobachten müssen, wie sein Gegenspieler Wulff zum ersten Mann im Staate aufsteigt. Auch den anderen Ministerpräsidenten von damals, Günther Oettinger, straft Wiedeking mit Verachtung. Ihm wirft der ehemalige Porsche-Chef vor, dass er sich in der entscheidenden Phase zu wenig für einen der größten Gewerbesteuerzahler Baden-Württembergs eingesetzt habe. Als Oettinger vor einem Jahr bei Angela Merkel anklopfte, um sich für Porsche in die Bresche zu werfen, habe Christian Wulff die Kanzlerin bereits um den Finger gewickelt gehabt. Und ein sogenannter Baden-Württemberg-Plan, der eine Finanzspritze der Landesbank zur Rettung von Porsche als eigenständiges Unternehmen vorgesehen hätte, sei daran gescheitert, dass Oettinger "das nicht hingebracht hat", so Wiedekings Freunde.
Ehemaligentreffen mit Kaviar
In Brüssel ist Oettinger mittlerweile weit weg vom Zorn der Bietigheimer Clique. Und Wendelin Wiedeking lässt es längst woanders krachen. Er jagt leidenschaftlich gern - oft am Achensee in Tirol, wo er Haus und Land besitzt, bisweilen auch in Russland, wo Wladimir Kotenew ihn bewirtet. Kotenew war bis vor einem Monat der Botschafter Russlands in Berlin. In Bietigheim sagen sie, dass er und Wiedeking Brüder im Geiste seien; beides habhafte Menschen, die ihre Geschäfte nach russisch-westfälischer Sitte abzuschließen pflegten: mit Pils, Wodka und Korn.