Die Ehrlich Brothers bieten ihren Zuschauern in der Stuttgarter Porsche-Arena eine explosive Magievorführung mit viel Action und einer guten Portion Selbstironie.

Stuttgart - Eine Flamme zischt auf der Bühne empor und schickt eine Hitzewelle durch die gesamte Porsche-Arena in Stuttgart. Zwei Bahnschienen stehen auf einem Podest. Die Ehrlich Brothers wollen daraus ein stählernes Herz formen. Da sie für diese Nummer ganz viel Liebe benötigen, haben sie direkt vor die Bühne ein seit fünfzig Jahren verheiratetes Ehepaar aus dem Publikum gesetzt. Die Aura der Liebe wird zeremoniell beschworen: Andreas, der ältere Ehrlich, fuchtelt mysteriös in der Luft herum, erspürt die Energie des älteren Paares und leitet sie an die Schienen weiter. Der jüngere Ehrlich, Christian, klopft mit seinen Fäusten den Stahl weich und schon biegt sich das Metall als wäre es aus Gummi. „Die Macht der Liebe!“, rufen sie.

 

David Copperfield höchstpersönlich sei so begeistert gewesen von dieser Nummer, dass er die Zauberbrüder anrief, um sie ihnen abzukaufen. Die Ehrlichs gaben dem Großmeister der Illusion aber einen Korb. Dieser mutige Schritt ist nicht nur ein Indiz, dass die Erhlichs mit ihren aufwendigen, sprichwörtlich bombastischen Magie-Shows schon lange in derselben Liga zaubern wie Copperfield. Es steht auch dafür, dass Magie und Zauberei eine Art Renaissance erleben.

Jung, frisch, gelassen

Lange Zeit schien die Zauberei dasselbe Schicksal zu teilen wie den abgehalfterten Circusclown, über den niemand mehr lacht, weil jeder seine angestaubten Späße schon kennt. Aber die Ehrlichs gestalten ihre Zaubershows dann doch anders, als man es vielleicht von anderen Illusionären wie Uri Geller oder Siegfried und Roy kennt. Die Brüder aus Bünde, die beide mit ihrer Haarpracht als Bandmitglieder von Tokio Hotel durchgehen könnten, sind nicht nur jünger und frischer, sondern auch viel gelassener und publikumsnäher als die ältere Generation der Zaubermeister. Kein weißer Schneetiger, der von einem Käfig in den anderen teleportiert wird, keine halbnackte Assistentin mehr, deren begehrenswerter Körper nachlässig halbiert wird.

Bei den Ehrlich Brothers spielt das Publikum eine besondere Rolle, denn ob Mann, Frau oder Kind – fast für jeden großen Magiestreich wird ein Proband aus den Zuschauerreihen benötigt. Das kennt man zwar schon aus dem Fernsehen, aber bei einer Liveshow nimmt dieser Schachzug ganz andere Dimension an. Bei welcher Großveranstaltung in der Porsche-Arena kommt es vor, dass alle Kinder nach vorn zur Bühne stürmen dürfen, um den in einen Eisklotz gezauberten Stöckelschuh einer jungen Dame zu bewundern. Der Schuh war wirklich vereist – und nicht mehr zu gebrauchen für die Besitzerin.

Ein Happen Humor

Die Ehrlichs, die sich als Frauenkenner geben, machen den Verlust der Dame verschmerzbar. Als Trost gab es einen zweihundert-Euro-Gutschein für neue Schuhe und putzige Pinguin-Pantoffeln für den Weg nach Hause. Der unsichtbare Vorhang, der bei den alten Meistern eine Aura des Mysteriösen und Unnahbaren hatte, fällt. Andreas und „Chris“ Ehrlich spielen mit heiterer Lockerheit die tollpatschigen Zauberlehrlinge, die manchmal selbst nicht glauben können, dass ihre Tricks tatsächlich funktionieren. Dazu kommt ein Happen Humor und eine große Portion Selbstironie, auch wenn manche ihrer Kaulauer etwas dürftig wirken.

In der Welt der Magie gibt es nicht viel Neues mehr zu entdecken. Auch deshalb legen die Ehrlich-Brüder mehr Wert auf Pyrotechnik und hexen mit dem Hammer statt dem Zauberstab, um der magischen Illusion eine marktschreierische Note zu verleihen: Kreissägen rattern, ein Chopper brummt über die Bühne, Feuer entflammt, bis die ganze Arena glüht, um zu guter Letzt auf den Höhepunkt hinzuleiten, wo dann doch jemand zersägt wird: Christian Ehrlich selbst. Er wird gesiebtelt, Blut spritzt, Feuerwerkskörper schießen durch den Zuschauerraum und plötzlich steht er auf der Tribüne am anderen Ende der Arena. Auch wenn der Überlebende und sein erleichterter Bruder anschließend immer noch frech gegen Stuttgart und die Schwaben austeilen – Zauberer, die im Handumdrehen einen Fünf-Euro-Schein zu einem Fünfzig-Euro-Schein machen, hat man gern.