Der geschützte Kontakt zwischen Pflegern und Elefanten löst das bisherige Modell ab, bei dem – wie Alex Rübel sich ausdrückt – ein „Super-Alpha-Tierpfleger“ in der Herde den Ton angab. Damit ist es vorbei: Die Pfleger stehen am Rand der Elefantenanlage an einem Zaun, der sie von den Tieren trennt. Sie berühren die Tiere mit schmalen Stäben durch den Zaun hindurch – die Elefanten strecken den Pflegern daraufhin ihre Füße entgegen, oder sie öffnen ihre Mäuler. In monatelanger Arbeit haben die Tiere gelernt, auf die Hinweise ihrer Pfleger zu reagieren. Das Training ist aufwendig, es markiert einen Wendepunkt in der Haltung der Tiere: An die Stelle des „Super-Alpha-Tierpflegers“ rückt jene Rangordnung, die die Tiere selbst untereinander wählen: Bei den Schweizer Elefantendamen herrscht das selbstbestimmte Matriarchat – die freie Machtentfaltung in der Kommune der Dickhäuter.

 

Das Damenregiment soll auch in der Wilhelma eingeführt werden, wenn dereinst dort eine eigene Zuchtherde leben wird. Mehr als ein Dutzend Tiere soll es einmal auf dem Gebiet zwischen dem Schaubauernhof und dem Menschenaffenhaus geben. Derzeit brüten Tierärzte, Kuratoren und externe Experten über den Details jener Machbarkeitsstudie, die der Zoo Ende des Monats dem Finanzministerium vorlegen will. Die Studie soll den Weg weisen für ein „Elefantenhaus, das es so noch nicht gibt auf der Welt. Wir wollen etwas Besonderes bauen“, sagt der Wilhelma-Chef Thomas Kölpin, ohne Details zu verraten. Kölpin ist kürzlich in den Süden Indiens gereist, um die größten frei lebenden Elefantenherden Asiens zu beobachten. Die Wildnis soll künftig mehr Eingang in die Zoos finden. Frühestens 2019 könnte eine eigene Zuchtherde in der Wilhelma eine neue Elefantenanlage bevölkern.

In Zürich genießen die Elefanten schon heute ihr „Schöner-Wohnen-Programm“: Durch das Dach des Elefantenhauses fällt das Licht streifenförmig in die Halle hinein. Es ist schwül, riecht nach Elefantendung und tropischer Vegetation. Das Dach des Hauses besteht aus 600 einzeln zurechtgeschnittenen Holzplatten. Die kleinteiligen Öffnungen erzeugen im Inneren der Halle eine Lichtstimmung, die jener in einem Regenwald mit einem dichten Blätterdach ähnelt. Diese Kulisse soll die Tiere und die Besucher ansprechen, mit seiner Anlage will Alex Rübel bei seinen Besuchern Emotionen wecken, die bestenfalls Mitgefühl und Engagement für die vom Aussterben bedrohten Tiere auslösen. Mit der Inszenierung von Erlebniswelten begeben sich die Zoos auf eine Gratwanderung. „Disney macht das sehr professionell, wir können von den Freizeitparks etwas lernen“, sagt der Zoodirektor und fügt schnell hinzu: „Bei uns wird aber nicht Mickey Mouse ausgestellt, sondern die Realität.“

Oder zumindest das, was die Architekten und Landschaftsdesigner für die Wirklichkeit halten. In der großen Halle der Elefanten tauchen die Besucher unvermittelt in einen Tunnel ein. Der Weg in die Dunkelheit führt durch einen hohlen Baum hindurch – die Landschaftsarchitekten haben mitten in der Halle einen umgestürzten Urwaldriesen modelliert. In seinem Inneren beginnt das große Krabbeln: Hinter Glasscheiben leben Skorpione und Vogelspinnen. Sie gehören zu jenen Nachbarn, mit denen die Elefanten in der thailändischen Wildnis keine Probleme haben.