Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Auch danach blieb dieser Fall an Merkwürdigkeiten reich. Fernsehzuschauern sind die Tränen noch gut in Erinnerung, unter denen Thomas Bögerl und seine zwei Kinder während der Sendung "Aktenzeichen XY" um die Freilassung Maria Bögerls flehten. Die Heidenheimer Sonderkommission suchte später nach einem Mann mit Zopf, der am Tattag gesehen worden war. Die Spur führte zu einem entsetzten Gastwirt, der sich als unschuldig erwies.

 

Polizeilabors verglichen Hunderte unter Männern erhobene DNA-Proben mit Spuren aus dem Auto, in dem Maria Bögerl getötet wurde. Zuletzt richtete sich der Blick nach Österreich, wo ein Mitglied der Rockerbande Bandidos im Gefängnis saß. Er war in Tschechien gefasst worden, nachdem er eine Bankiersehefrau in Linz überfallen hatte. Doch wieder zerplatzte die Hoffnung, den Täter gefasst zu haben. Während all das geschah, entstand in Heidenheim ein Gerücht, das bald in einschlägigen Internetforen behandelt und von dort, verstärkt um weitere Spekulationen, zurück in die Stadt katapultiert wurde. Es gibt gar keinen Entführer, so der Tenor zahlloser bloggender Hobbydetektive. Thomas Bögerl, der seine Vorstandstätigkeit einige Wochen nach der Entführung wiederaufgenommen hatte, sollte eine Freundin haben, ja sogar Kinder mit dieser ominösen Unbekannten. Die Polizei Heidenheim dementierte das stets. Ob nicht doch insgeheim weiter gegen den Bankchef ermittelt wurde, war nicht zu erfahren.

Zwei schauderhafte Varianten

Wie die Agentur dpa am späten Nachmittag erfahren haben will, hinterließ Bögerl, der zum Todeszeitpunkt alkoholisiert gewesen sei, einen Abschiedsbrief. Über den Inhalt ist nichts bekannt. Dass der Bankier verzweifelt war, bestägte am Abend der Heidenheimer Landrat Hermann Mader, zugleich Verwaltungsratsvorsitzender der Kreissparkasse Heidenheim. Mader teilte am Abend schriftlich mit, Bögerl hatte "in den vergangenen Monaten, wie er selbst mitteilte, nicht die Kraft, sein Amt auszuüben. Auf sein Ersuchen hin haben wir uns mit ihm über eine einvernehmliche Lösung verständigt, in der er in Kürze aus dem Amt geschieden wäre". So blieb bis zum Abend offen, was dieser mutmaßliche Freitod zu bedeuten hat. Vielleicht handelt es sich wirklich um eine Wende im Mordfall Maria Bögerl, um ein Schuldeingeständnis. Oder hat ein Mann, den die anonymen Verdächtigungen der vergangenen Monate, vielleicht auch Schuldgefühle wegen der schiefgelaufenen Lösegeldübergabe plagten, sein Leben nicht mehr ausgehalten. Beide Varianten lassen schaudern.