Der heftig kritisierte Gesprächsleitfaden für Zuwanderer in Baden-Württemberg steht nach fünfeinhalb Jahren vor dem Aus.

Stuttgart  - Der heftig kritisierte Gesprächsleitfaden für Zuwanderer in Baden-Württemberg steht nach fünfeinhalb Jahren vor dem Aus. Grüne und SPD streben eine Abschaffung des von Schwarz-Gelb eingeführten Tests an, der in Zweifelsfällen die Hinwendung zur deutschen Werte- und Rechtsordnung prüft. „Ich bin dafür, das in Einzelgesprächen abzufragen“, sagte Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart.

 

Sie habe bereits Gespräche mit dem Verfassungsschutz darüber geführt, ob der Leitfaden mehr Sicherheit gewährleiste. Die Antwort sei „Nein“ gewesen. Anscheinend sei auch in den über fünf Jahren kein Ausländer aufgrund des „Gesinnungstests“ abgelehnt worden.

Keine sicherheitspolitische Relevanz

Öney kann auf Rückendeckung aus dem Innenministerium und aus den Regierungsfraktionen zählen. Innenminister Reinhold Gall (SPD) sagte: „Die Abschaffung fordern wir seit langem.“ Aus seiner Sicht hat der Gesprächsleitfaden keine sicherheitspolitische Relevanz. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte: „Der Test hat den Nachteil, dass die schlauen Islamisten nicht sagen, dass sie Islamisten sind.“ Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann hält den Leitfaden für ungeeignet. „Man kann die Leute nicht unter Generalverdacht stellen.“

Als „Ablenkungsmanöver von den eigentlichen Problemen der Integrationspolitik“, bezeichnete der integrationspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Bernhard Lasotta, die Ankündigung von Öney. Bereits seit 2008 gelte der bundeseinheitliche Einbürgerungstest. „Einbürgerungsgespräche sind im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens also ausdrücklich festgeschrieben.“ In Zweifelsfällen sei es auch richtig, die innere Haltung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu überprüfen. „Dies ist kein genereller „Gesinnungstest“, wie immer wieder fälschlicherweise auch von Frau Öney behauptet wird, sondern in begründeten Einzelfällen werden Einbürgerungswillige einem Gespräch unterzogen“, sagte Lasotta.

"Ablenkungsmaöver mit überholten Debatten"

Öney gebe eine wichtige Steuerungsmöglichkeit aus der Hand, sagte der CDU-Politiker. „Frau Öney hat bis heute noch keinerlei Akzent für die Landes- oder Kommunalpolitik setzen können. Deswegen startet sie jetzt Ablenkungsmanöver mit längst überholten Debatten.“

Der als Gesinnungstest für Einbürgerungsbewerber beschimpfte Test hatte bei seiner Einführung Anfang 2006 international Empörung ausgelöst. Kritiker warfen dem damaligen Innenminister Heribert Rech (CDU) vor, der Leitfaden richte sich vor allem gegen Muslime. Der Leitfaden prüft in Zweifelsfällen die Hinwendung zur deutschen Werte- und Rechtsordnung. Mitte 2007 wurden nach weiteren heftigen Protesten zehn Fragen durch neun neue ersetzt. Fragen wie „Was halten Sie davon, dass in Deutschland Homosexuelle öffentliche Ämter bekleiden?“ tauchten nicht mehr auf. 20 der 30 Fragen wurden aber beibehalten.