Während sich die Geschäftsleute in Birkach und Plieningen mehr Umsatz wünschen, können die Kollegen in Degerloch und Sillenbuch nicht klagen. Die Redaktion hat getestet, wie gut die Läden in den vier Bezirken aufgestellt sind.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Filder - Plieningen ist für Konstantin Marmonitis wie Dornröschen. „Ich hoffe, dass es geweckt wird“, sagt der Vorsitzende der Plieninger Leistungsgemeinschaft, dem Verein der Gewerbetreibenden. „Das Schlimme ist: Es gibt keine schnelle Lösung.“ Wie berichtet, hat die Plieninger Geschäftswelt Probleme. Erst hat die Ortskernsanierung Umsatz gekostet, dann schlossen einige Läden an der Filderhauptstraße fast zeitgleich und stehen seither leer; zudem wird derzeit diskutiert, ob es richtig ist, dass die Stadt einen Aldi im Gewerbegebiet ablehnt.

 

„Die Ladenflächen in Plieningen sind schwer zu vermieten“, sagt Marmonitis. Dem Bezirk fehle eine Drogerie und ein Obst- und Gemüseladen. Doch einen Laden im Ort zu eröffnen, ist vielen Geschäftsleuten offenbar zu riskant. „Plieningen ist nun mal nicht so zentral wie Degerloch“, sagt Konstantin Marmonitis.

„Die Lage macht kolossal was aus“, sagt Rolf Reihle, der einst Vorsitzender des Gewerbe- und Handelsvereins Degerloch war und dem der Standort vertraut ist wie sein Wohnzimmer. Degerloch sei nah an der Innenstadt, „und wir haben kurze Wege und alles liegt kompakt beieinander“, sagt er. Deshalb sei der Stadtbezirk „bisher von Leerstand verschont“. Es gebe aber auch Schwierigkeiten: „Die Parkplatznot ist ein sehr großes Problem“, sagt Reihle.

Sillenbuch steht am besten da

Ebenfalls positiv schätzt Walter Haag die Einkaufssituation in Sillenbuch ein. Er ist der Chef der Sillenbucher Meile, der Geschäftsleute an der Kirchheimer Straße. „Es gibt nichts zu mäkeln“, sagt er. „Die Geschäfte sind inhabergeführt, man bekommt eine gute fachmännische Beratung.“ Haag selbst kaufe so gut wie alles an der Kirchheimer Straße. „Das ist eine bewusste Entscheidung. Man kriegt hier fast alles.“

Der Vorsitzende von Birkach aktiv heißt auch Walter Haag. Er will nichts schlechtreden, sagt er. „Momentan ist es okay.“ Haag registriert aber, dass der Bonus-Markt an der Welfenstraße nicht sonderlich gut laufe. „Das liegt daran, dass das Personal oft wechselt“, sagt er. „Die Kunden haben keinen Ansprechpartner.“ Der Penny-Markt an der Birkheckenstraße hingegen sei „eine Stütze für Birkach“, sagt Haag. Dort sei den ganzen Tag über reger Betrieb.

Anfang Mai hat die Stadt die Bezirksvorsteher zur Nahversorgung informiert. Nahversorgung meint, dass der Bürger zu Fuß Lebensmittel einkaufen kann. Wangen schneidet besonders gut ab. Von den Bezirken unterm Fernsehturm steht Sillenbuch am besten da. Dort ist nur ein Viertel nicht nahversorgt. In Birkach betrifft dies indes die Hälfte der Einwohner.

Plieningen: Die Einzelhändler nutzen Nischen

Für den Einkauf der zehn Waren hat Julia Barnerßoi 20 Minuten gebraucht und war in vier Geschäften.

In Plieningen scheint man alles kaufen zu können. Wenn man nur weiß, wo man suchen muss. So mein Fazit der Einkaufstour an der Filderhauptstraße. Die Einzelhändler haben geschickt Nischen besetzt. So verkauft der Spielwarenladen auch Büroartikel und Babyzubehör. Und der Gartenmarkt führt neben Einweckgläsern und Arzneien für Brieftauben auch Schnürsenkel.

Der Einkauf beginnt auf dem Parkplatz vor dem Spielwarenladen. Die Brötchentaste am Parkschein-Automat muss reichen, 30 Minuten sind also angesetzt. Erstaunlicherweise finde ich gleich die ersten drei Produkte in dem Laden, der auch Bürothek ist: das Geodreieck, die Wandhaken und den Strampler. Die Ladenbesitzerin erklärt, dass es Babyzubehör nirgends im Ort gebe und die Kunden froh seien, bei ihr eine Auswahl zu finden.

Der Supermarkt nebenan erweist sich als zweites Einkaufs-Mekka. Neben Mehl und Katzenstreu gibt es hier die Gebissreiniger-Tabs und die Strumpfhose. Meine letzte Anlaufstelle und ein Geheimtipp ist – nach dem Abstecher in der Apotheke für die Schmerztabletten – der Haus- und Gartenmarkt: Dort gibt es zwar keine Pinienkerne, doch tatsächlich Schnürsenkel. Nur in einer Ausführung, aber immerhin. In 20 Minuten ist der Einkaufszettel fast komplett abgearbeitet – wenn man nur hinter die eigentliche Ausrichtung der Geschäfte schaut.

Birkach: Positiv überrascht

Für den Einkauf von neun der zehn Waren hat Simone Bürkle 30 Minuten gebraucht und war in sechs Geschäften.

Ausgerechnet den kleinsten der Stadtbezirke unterm Fernsehturm hatte ich mir ausgesucht, um Dinge wie Schnürsenkel oder Feinstrumpfhosen zu besorgen. Und dann das: Von wegen Service-Wüste. Gerade mal eine halbe Stunde war ich an der Birkheckenstraße unterwegs, dann war alles beisammen. Nur den Strampler hab ich partout nirgends gefunden. Das ist zu verschmerzen.

Gleich bei der ersten Station, dem Supermarkt, habe ich die Hälfte meiner Liste abgearbeitet. Auch die Schmerztabletten sind dank der Apotheke keine Schwierigkeit. Schon verzwickter ist die Suche nach Wandhaken. Dachte ich jedenfalls. Doch auch die fanden sich schnell, im Schreibwarenladen gegenüber. Dort werden zudem Geodreiecke in verschiedenen Größen angeboten. Zwar gab es die Haken nur in einer Ausführung, nämlich in Groß. Aber immerhin. „Die halten wenigstens was aus“, hat die freundliche Verkäuferin gesagt. Recht hat sie. Dass sie den Artikel überhaupt führt, ist ein echtes Plus. Blieben Schnürsenkel und Pinienkerne. Ersteres gibt es beim Schuhmacher wie auch im Schuhhaus am Ort, beide ein Tipp der netten Dame aus dem Schreibwarengeschäft. Letzteres findet sich in dem Laden, der Menschen beschäftigt, die am Arbeitsmarkt benachteiligt sind. Die Pinienkerne gibt es sogar in zwei Varianten. In Birkach ist die Auswahl eben größer als gedacht.

Sillenbuch: Einfach nur gezielt umfallen

Für den Einkauf von neun der zehn Waren hat Rüdiger Ott 23 Minuten gebraucht und war in sechs Geschäften.

Der Strampler sollte am schwierigsten zu beschaffen sein, denke ich mir, als ich die Einkaufsliste durchgehe. Aber denkste. Schon auf der Fahrt erspähe ich aus dem Auto heraus an der Kirchheimer Straße ein Kinderkleidergeschäft. Das war mir noch nie aufgefallen. Selektive Wahrnehmung nennt sich das wohl. Ich mache mir eine mentale Notiz und stelle das Auto in dem Parkhaus an der Ecke Tuttlinger Straße ab.

Die Hälfte meiner Liste arbeite ich im Supermarkt ab – und damit weniger, als erhofft. Größere Läden haben Schuhbändel und Geodreiecke im Angebot. Nicht so dieser Supermarkt. Aber kein Problem, entlang der Kirchheimer Straße gibt es genug Geschäfte, auch wenn die Hälfte davon Damenmode im Sortiment hat. Die Herausforderung besteht einzig darin, gezielt nach links oder rechts umzufallen.

Gesagt, getan: Es folgen eine Apotheke, ein Schreibwarenladen und ein Schuhgeschäft. Alles läuft wie am Schnürchen, zumindest fast. Im Laden mit den Kinderklamotten gibt es nämlich keine Strampler. Und, wie mir die Verkäuferin mit einem Lächeln versichert, auch nirgends sonst entlang der Kirchheimer Straße. Fehlt nur noch ein Teil, um das ich mich kümmern muss. Endlich entdecke ich es in einem Regal: einen Designer-Wandhaken aus Metall, wahlweise in Rot oder Schwarz. Einen schlichten Weißen aus Plastik konnte ich nicht finden.

Degerloch: Verschätzt an der Epplestraße

Für den Einkauf der zehn Waren hat Judith A. Sägesser 50 Minuten gebraucht und war in fünf Geschäften.

Ich dachte, ich mach’s mir leicht – und hatte schwer zu tragen. Zielstrebig bin ich zum Drogeriemarkt an der Epplestraße gelaufen. Ich war überzeugt: Danach habe ich fast alle der zehn Produkte vom Einkaufszettel. Gegangen bin ich mit drei Häkchen auf der Liste. Feinstrumpfhosen haben sie ab Juni im Sortiment, hat die nette Verkäuferin gesagt, Schnürsenkel und Babystrampler gäbe es gar nicht bei ihnen. Das Katzenstreu hingegen schon. Also war meine Einkaufstasche für den weiteren Weg und die nächsten 40 Minuten um fünf Kilo schwerer.

Im Supermarkt um die Ecke war ich kaum erfolgreicher. Gut, das Mehl war gesetzt, und Nylonstrümpfe hatten sie auch. Immerhin war auch hier der Verkäufer freundlich. Er hat bedauert, dass er weder Geodreieck noch Wandhaken im Angebot hatte. Was hat er sich gefreut, als er mich zu den Schuhbändeln führte! „Die haben wir ganz neu, seit zwei Wochen“, sagte er.

Kopfschmerztabletten gab’s natürlich in der Apotheke, Wandhaken und Geodreieck habe ich im Schreibwarenladen erstanden. Fehlte immer noch der Strampelanzug. Der Minutenzeiger auf meiner Uhr hatte inzwischen fast einmal die Runde gemacht, und das Katzenstreu wog gefühlte 15 Kilo; meine Laune sank. Ich hatte Degerloch anders eingeschätzt. Das Schicksal wollte, dass ich fündig werde: Ich erspähte einen Kinderkleiderladen an der Löwenstraße. Er war meine Rettung.