Göppingens viel gelobte Neue Mitte wächst auf der Poststraße nach Osten, um eine Verbindung zum künftigen Einkaufszentrum zu schaffen. Doch dessen Investoren treten auf der Stelle und sind nicht ganz glücklich über das Vorpreschen der Stadt

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Mit einem Vakuumsauger hebt der Bagger einen 80 Kilogramm schweren Block aus französischem Granit an, taucht ihn mit der Unterseite in einen Zementbottich und passt ihn dann Millimeter genau ein. Wegen dieser Arbeiten in der Poststraße müssen die Linienbusse in der östlichen Göppinger Innenstadt seit dem 8. August einen anderen Weg nehmen. Die Stadt lässt die Neue Mitte auf einem 220 Meter langen Abschnitt bis zur Bleichstraße und weiter zum Kreisverkehr an der Mörikestraße erweitern.

 

Die viel gelobte Umgestaltung des Zentrums geht dadurch mit großen Schritten ihrer Vollendung entgegen. Im kommenden Jahr soll noch ein kleines, bisher ausgespartes Stück zwischen der unteren Marktstraße und dem Spitalplatz angegangen werden. Dann ist der im Jahr 2001 begonnene Umbau der einstigen Bundesstraße 10, der Göppingen laut Eigenwerbung „die modernste Innenstadt der Region Stuttgart“ beschert hat, abgeschlossen.

Die Verhandlungen sind schwierig

Doch die Bauarbeiten in der Poststraße sind nicht nur wegen dieser Symbolik wichtig. „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass es in Richtung Bleichstraße weiter geht“, sagt der Baubürgermeister Helmut Renftle (parteilos). Dort, zwischen Bleichstraße und Mörikestraße, sollten eigentlich längst die Bauarbeiten für das neue Einkaufszentrum begonnen haben. Die mehrfach umgearbeiteten Pläne liegen mittlerweile vor. Doch ob sie so auch umgesetzt werden können, ist immer noch offen.

Vor allem die Gespräche mit dem Kaufhof-Konzern gestalten sich dem Vernehmen nach schwierig. Zwar gehört das Gebäude, in dem sich der Kaufhof befindet, mittlerweile der Investorengruppe um die Münchner Kaufmannsfamilie Schenavsky. Jedoch ist der ursprünglich geplante Abriss des Kaufhauses längst vom Tisch. Selbst die Anbindung und Integration des Kaufhofs gestaltet sich schwierig, weil dies Flächen kosten würde, worauf sich die Warenhauskette, die noch über einen fünfjährigen Pachtvertrag verfügt, offenbar nicht einlassen möchte. Ohne Kaufhof hat das ganze Vorhaben aber keinen Sinn. Schließlich ist er als Ankermieter eingeplant.

Die Stadt überholt die Investoren

Die städtischen Bauarbeiten erhöhen nun den Druck auf Simon Schenavsky. In die Planung und den Grunderwerb hat er zusammen mit dem Projektentwickler Acrest Property schon siebenstellige Beträge investiert. Die Leerstände in Schenavskys Frey-Center dürften den Verlust monatlich erhöhen. Nun muss er auch für den Straßenumbau in Vorleistung gehen. In einem städtebaulichen Vertrag hatten die Investoren zugesagt, die Hälfte der 1,2 Millionen Euro teuren Umgestaltung zu übernehmen. Damals waren alle Seiten aber noch davon ausgegangen, dass die Stadt Mühe haben werde, dem hohen Tempo der Investoren zu folgen.

Kein Wunder, dass Schenavsky und seine Geschäftspartner nicht glücklich über das Vorpreschen der Stadt waren. In einem Gespräch mit Oberbürgermeister Guido Till soll er sich bitter über den unfreundlichen Akt beschwert haben. Immerhin kam ihm die Stadt ein Stück weit entgegen. Der kleine Abschnitt direkt um das spätere Baufeld erhält auch aus logistischen Gründen erst später seinen neuen Belag. Die dafür veranschlagten 300 000 Euro tragen die Investoren später allein. Dafür müssen sie auch jetzt nur 300 000 Euro bezahlen, während die Stadt ihren vollen Beitrag von 600 000 Euro einbringt.

Geschäftsleute planen neue Fassaden

Sollte das Einkaufszentrums-Projekt allerdings noch scheitern, dann – auch dies regelt der städtebauliche Vertrag – muss die Stadt den ganzen Ausbau alleine bezahlen. Renftle hält dies für vertretbar. „Wir machen das ja auch für die kleineren Einzelhändler an der Poststraße.“ Von denen planen übrigens einige schon eigene Investitionen. Durch neue Fassadenanstriche könnte sich das Erscheinungsbild der Poststraße dann noch weiter verbessern.