Die Auflösung des Handelshauses Maercklin C. F. Braun ist nicht mehr abzuwenden. Mit der Entlassung von 30 Mitarbeitern werden gleich zwei Traditionsbetriebe Vergangenheit.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - So enden mehr als 250 Jahre Unternehmensgeschichte: Die Fensterscheiben sind mit Packpapier verhängt. Die Schaufensterpuppen stehen nackt und kopflos im Geschäft aufgereiht. Auch sie sind zu kaufen, für 60 Euro das Stück. Die Internetseite samt Onlineshop ist abgeschaltet. In der realen Welt, im Verkaufshaus an der Marktstraße, informieren Klebebuchstaben auf dem Schaufensterglas, dass alle Ware um 30 Prozent reduziert ist. Das gilt auch für den Paravent aus Palisander, der – bei einem Preis von 1329 Euro – aber selbst mit Rabatt nicht zum Schnäppchen wird.

 

Die Exklusivität ist in Zeiten der Dauersonderangebote zum Problem geworden. C. F. Braun, den Stuttgartern besser bekannt als Betten Braun, offiziell inzwischen umfirmiert zur Maercklin C. F. Braun GmbH, schließt für immer. Rund 30 Mitarbeiter verlieren zum Ende des Monats ihren Arbeitsplatz.

Braun hatte vor einem halben Jahr Insolvenz angemeldet

Vor einem halben Jahr hatte das traditionsreiche Handelshaus seine Zahlungsunfähigkeit angemeldet. Das Insolvenzbüro Michael Pluta übernahm die Geschäfte. Aus dessen Haus verlautet nur eine karge Stellungnahme, von einem Pressesprecher, der ungenannt bleiben will: Zwar habe es mehrere Übernahme-Interessenten gegeben, aber die Verhandlungen blieben ohne Erfolg. Vom Unternehmen selbst war kein Kommentar zu bekommen. Aus der Chefetage sei niemand im Haus, teilt ein Angestellter mit.

Das endgültige Aus „ist ein großer Verlust für die Stadtmitte“, sagt die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Der Konkurrenz der Einzelhandelsketten „können inhabergeführte Geschäfte unter fairen Produktionsbedingungen nicht standhalten“. Das Aus sei kein Einzelfall.

Bei der Maercklin-Gründung wurde noch in Gulden gezahlt

Der eine Teil des Namensgebers, die Firma Braun, ist 168 Jahre alt geworden. Das Handelshaus Maercklin feierte 2011 sogar sein 250jähriges Bestehen. Gegründet hatte es Georg Jakob Märklin, am gleichen Tag, an dem er seine Braut Eleonora Barbara Siglin heiratete. Wegen der Firmeneröffnung fiel die Hochzeitsreise aus. Dafür listete Märklin in seinem Kassenbuch, das heute noch existiert, zum Ende des ersten Geschäftsmonats Einnahmen von stolzen 287 Gulden auf. Acht Generationen lang war das Geschäft in Familienhand. Porzellan, Kristall, Glas und Besteck blieben das Stammsortiment. Wann und warum sich der Familienname Märklin in den Geschäftsnamen Maercklin wandelte, weiß niemand mehr.

Braun war nicht zum ersten Mal in Schwierigkeiten. Nach einer ersten Insolvenz im Jahr 2001 übernahm die Felix-Wolf-Gruppe das Unternehmen, deren bekanntester Geschäftszweig die Modekette Felix W. ist. Wolf strukturierte um und lichtete das Sortiment des Handelshauses. 2008 verkaufte er weiter, eben an Maercklin. Bis dahin war der Porzellanhändler Mieter im Stammhaus von Braun an der Sporerstraße, zwischen Markthalle und Breuninger. Das Haus wurde 1995 eingeweiht. Braun hatte in den Neubau 21 Millionen Mark investiert. Damals wurde er als Entwurf von kühner Architektur gefeiert. Weil das Gebäude den Plänen von Breuninger für das Dorotheenquartier weichen soll, zog Maercklin C. F. Braun auf die Vorderseite des Kaufhauses, an die Marktstraße 6 in einen weiteren Neubau.

Mit der Nachricht vom Umzug sei „ein richtiger Ruck durchs Haus gegangen“, sagte der Seniorchef Helmut Schurr vor drei Jahren. Vier Monate lang wurde seinerzeit das Jubiläum gefeiert. Im Jahr seines 250jährigen Bestehens beschäftigte der Betrieb noch 60 Mitarbeiter.