Wieder schließen zwei Einzelhandelsläden in der Innenstadt. Ein Dritter geht in andere Hände über. Nicht nur die Kunden bedauern dies.

Gerlingen - Sonja und Josef Filep kann man nur bewundern. Übermorgen schließen sie ihren Nah-und-gut-Laden in der Kirchstraße für immer. Überall klaffen Lücken. Dennoch sind die beiden frohgemut und dankbar. Für 26 Jahre als Lebensmittelhändler mitten in Gerlingen, für mehr als 50 Jahre „Filep-Ära“, wie der 60-Jährige sagt. Sein Vater hatte schon einen A-und-o-Markt, der Sohn lernte bei ihm und führte das Geschäft mit seiner Frau und später der Tochter Jasmin weiter. Sein Motto: „100 Prozent Vertrauen und Ehrlichkeit, gegenüber jedem. Das muss man sich erst verdienen.“ Auch die Tage des Damenmodeladens Anne B. in der Urbanstraße sind gezählt. Von Oktober an gibt es nur noch das Hauptgeschäft in Bietigheim.

 

„Es war eine richtige Entscheidung und gleichzeitig unsere schwierigste.“ Josef Filep blickt über die Regale, die seit drei Wochen nicht mehr aufgefüllt werden. „Ich könnte heulen“, sagt seine Frau Sonja. Sie kann nicht mehr arbeiten, kämpft gegen eine schwere Krankheit. Filep bedauert vor allem den (großen) Teil der Kunden, die zu Fuß oder mit dem Rad kamen, oder die er jeden Freitag beliefert hat. Ein paar Nachfolge-Interessenten seien da gewesen. „Als die gehört haben, dass ein großer Markt kommt, waren sie weg.“ Apropos Konkurrenz. „Wenn wir ein paar Jahre jünger gewesen wären, hätten wir mindestens ein Jahr lang probiert zu bestehen“, sagt Filep.

Die Gerlinger sind gut situiert

Immer nur billig – haben auch die Fileps diesen Trend gespürt? Der Discounter und der Riesenmarkt am Ortsrand seien billiger, meint Josef Filep. Die meisten Gerlinger seien aber so gut situiert, dass sie sich ein bisschen höhere Preise hätten leisten können. Dafür habe es guten Service und beste Qualität gegeben. Apropos Einsatz. „Die Stadtverwaltung hätte für den Handel aktiver sein können.“ Nun sind die 16-Stunden-Tage bald vorbei. Und Filep meint „es ist eine Wonne gewesen“.

„Der Einzelhandel hat zu kämpfen“, meint Saskia Eberle von Anne B. Ihr Sortiment für große Damengrößen sei eine Nische. Nun wolle ihre Mutter in den Ruhestand gehen. „Und wenn ich eine Verkäuferin bezahlen muss, bleibt nichts mehr übrig.“ Also lieber die 2004 eröffnete Filiale jetzt zumachen. Aufhören ist auch für Birgit Munz ein Thema. Nach 17 Jahren will sie ihren Laden für Tabak und Zeitschriften abgeben. Details verrät sie noch nicht – außer, dass sie den Ruhestand zusammen mit ihrem Mann genießen wolle.

„Die Fileps werden fehlen“

Heike Bischoff, die Vorsitzende des Stadtmarketingvereins „Mein Gerlingen“, bedauert die Entscheidungen der Inhaber. „Es ist schade, die Fileps werden fehlen.“ Alles, was man gebraucht habe, habe es bei Nah und Gut gegeben, der Laden sei gut zu Fuß zu erreichen gewesen – vor allem für Senioren. Auch die Schließung von Anne B. sei für Gerlingen ein Verlust. Beide Inhaber seien auf Kundenwünsche eingegangen und hätten gut beraten. „Das ist die Stärke des Handels in Gerlingen.“ Die Schließungen seien „spezielle Fälle“, meint Bischoff, beide wohl keine unmittelbaren Auswirkungen des Internetshoppings gewesen.

Auch der Vorsitzende des Bundes der Selbstständigen, Thomas Schimek, ist nicht begeistert von den Veränderungen. „Die Schließungen sind nicht erbaulich, sie sind bedauerlich.“ Es gebe drei individuelle Gründe dafür. Und jeder Unternehmer habe das Recht, sein Geschäft nach seinen individuellen Bedürfnissen zu schließen.