Trier ging nicht nur frisch, frech, garstig und spannend mit Personal und Themen der üblichen Krankenhausserie um, er kreuzte nicht nur die Onkel-Doktor-Soap mit dem Horrorfilm und füllte sie mit glaubhaften Charakteren auf. Er brach auch mit Bildregeln. Er schnitt ruppig, die Kamera wackelte, das Licht war kein Diener unseres Wissensdurstes, sondern oft nicht da, wo man es brauchte. "Geister" sah streckenweise wie ein Heimvideo aus.

 

Aus dieser Rebellion gegen die gelackten Bilder ging die Dogma-Bewegung hervor, die selbst junge amerikanische Filmemacher in ihren Bann zog. Lars von Trier aber war schon wieder auf der Flucht vor dem Erfolg der eigenen Idee, als die Wackelkamera noch nicht flächendeckend zur Masche verkommen war, um Verblasenheiten den Anschein von Lebensnähe zu geben. Je mehr man Trier als Guru einer neuen Kargheit fassen wollte, desto genervter entzog er sich, in einen Panzer der Schrulligkeit, von dem Kollegen und Journalisten mal amüsiert, mal konsterniert berichteten.

"Aber Israel ist ein Ärgernis"

In Cannes nun hat er sich tief in den desaströsen Unfug hineingeredet. Mit "Nazi" meinte er zunächst ja nur, dass er entdeckt habe, deutscher Abstammung zu sein. Solche geschmacksarme Grobironie ist im Ausland nicht selten, wenn es um Deutsches geht. Weil er beim missratenen Witzeln merkte, dass er Nerven traf, die er gar nicht treffen wollte, schob er Sätze nach, die das Gesagte abmildern sollten. Er könne sich Hitler in seinem Bunker vorstellen: damit wollte er keine Sympathie bekunden, sondern sein Herangehen als Künstler an Geschichte erklären. Es war der falsche Moment, das so auszusprechen, so wie es ein großer Fehler war, der Bekundung, kein Antisemit zu sein, den Satz hinterherzuschicken: "Aber Israel ist ein Ärgernis."

Trier hat keine Nazisympathien bekundet, er ist auf der eigenen Selbstironie ausgerutscht. Er hat nicht mehr getan, als zu beweisen, dass sich kluge Leute manchmal furchtbar dumm benehmen können. Seine Entschuldigung hätte interessanter sein können als mancher Film. Aber das Festival hat es dann doch vorgezogen, die eigene Wertefestigkeit groß zu inszenieren.

Zurückgezogen in einen Panzer der Schrulligkeit

Trier ging nicht nur frisch, frech, garstig und spannend mit Personal und Themen der üblichen Krankenhausserie um, er kreuzte nicht nur die Onkel-Doktor-Soap mit dem Horrorfilm und füllte sie mit glaubhaften Charakteren auf. Er brach auch mit Bildregeln. Er schnitt ruppig, die Kamera wackelte, das Licht war kein Diener unseres Wissensdurstes, sondern oft nicht da, wo man es brauchte. "Geister" sah streckenweise wie ein Heimvideo aus.

Aus dieser Rebellion gegen die gelackten Bilder ging die Dogma-Bewegung hervor, die selbst junge amerikanische Filmemacher in ihren Bann zog. Lars von Trier aber war schon wieder auf der Flucht vor dem Erfolg der eigenen Idee, als die Wackelkamera noch nicht flächendeckend zur Masche verkommen war, um Verblasenheiten den Anschein von Lebensnähe zu geben. Je mehr man Trier als Guru einer neuen Kargheit fassen wollte, desto genervter entzog er sich, in einen Panzer der Schrulligkeit, von dem Kollegen und Journalisten mal amüsiert, mal konsterniert berichteten.

"Aber Israel ist ein Ärgernis"

In Cannes nun hat er sich tief in den desaströsen Unfug hineingeredet. Mit "Nazi" meinte er zunächst ja nur, dass er entdeckt habe, deutscher Abstammung zu sein. Solche geschmacksarme Grobironie ist im Ausland nicht selten, wenn es um Deutsches geht. Weil er beim missratenen Witzeln merkte, dass er Nerven traf, die er gar nicht treffen wollte, schob er Sätze nach, die das Gesagte abmildern sollten. Er könne sich Hitler in seinem Bunker vorstellen: damit wollte er keine Sympathie bekunden, sondern sein Herangehen als Künstler an Geschichte erklären. Es war der falsche Moment, das so auszusprechen, so wie es ein großer Fehler war, der Bekundung, kein Antisemit zu sein, den Satz hinterherzuschicken: "Aber Israel ist ein Ärgernis."

Trier hat keine Nazisympathien bekundet, er ist auf der eigenen Selbstironie ausgerutscht. Er hat nicht mehr getan, als zu beweisen, dass sich kluge Leute manchmal furchtbar dumm benehmen können. Seine Entschuldigung hätte interessanter sein können als mancher Film. Aber das Festival hat es dann doch vorgezogen, die eigene Wertefestigkeit groß zu inszenieren.