Nach Erbgut-Analysen werden Elefanten vor allem in Zentral- und Ostafrika von Elfenbein-Wilderern getötet. Aktuell betrifft das bis zu zehn Prozent des Weltbestands. Das schadet auch den Menschen, die vom Tourismus leben.

Stuttgart - Im Jahr 2013 wurden in Afrika mehr als 50 000 Elefanten gewildert, etwa ein Zehntel des Weltbestandes. Und das nicht etwa verteilt über den Kontinent, sondern weit überwiegend in gerade einmal zwei Regionen: In den Schutzgebieten im Süden Tansanias und dem angrenzenden Mosambik im Osten konzentrieren sich mehr als 85 Prozent der Savannen-Elefanten-Wilderei, ähnlich hoch ist dieser Prozentsatz bei den Waldelefanten in den Reservaten Gabuns, der Republik Kongo, Kameruns und der Zentralafrikanischen Republik. Das schließen Samuel Wasser von der University of Washington im US-amerikanischen Seattle und seine Kollegen im Wissenschaftsmagazin „Science“ aus einer Analyse des Erbguts von beschlagnahmtem Elfenbein.

 

Die Forscher, zu denen auch William Clark von der internationalen Kriminalpolizei Interpol im französischen Lyon gehört, haben 28 Chargen auf die Reihenfolge der DNA-Bausteine hin untersucht, von denen jede mehr als eine halbe Tonne Elfenbein umfasst und die zwischen 1996 und 2014 in verschiedenen Regionen der Welt zwischen dem afrikanischen Staat Togo und Malaysia in Südostasien beschlagnahmt wurden. Unabhängig davon sammelten die Forscher in 71 Regionen von 29 afrikanischen Staaten Dung, Haare und Gewebe von 1350 Elefanten und untersuchten auch darin die Reihenfolge der DNA-Bausteine. Daraus bestimmten sie die für eine Region typischen DNA-Sequenzen. Von den beiden Arten der Afrikanischen Elefanten wurden bis 2005 die Waldelefanten von allen fünf beschlagnahmten Chargen im Osten der Demokratischen Republik Kongo gewildert. Zwei weitere Chargen aus den Jahren 2002 und 2007 enthielten dagegen Elfenbein von Savannen-Elefanten, die in Sambia gelebt hatten. Danach fielen jedes Jahr erheblich mehr Elefanten als zuvor Wilderern zum Opfer.

Zweite Welle der Wilderei seit 2007

Naturschutzorganisationen wie der WWF und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF) erinnert das an die 1970er und 1980er Jahre, in denen nach vorsichtigen Schätzungen jährlich bis zu 100 000 Elefanten gewildert wurden. Stapften zwischen 1930 und 1940 noch drei bis fünf Millionen dieser Dickhäuter durch Afrika, standen die Arten danach am Rande der Ausrottung. Seit 1989 der Handel mit Elfenbein weltweit nahezu vollständig verboten wurde, erholten sich die Bestände nach Schätzungen der Weltnaturschutzorganisation IUCN dann wieder auf 470 000 bis 690 000 Tiere. Um das Jahr 2007 begann dann die zweite Welle der Elfenbein-Wilderei. Statt nach Europa und in die USA wandern die Stoßzähne seither nach Ostasien in Länder wie China und Thailand. Gleichzeitig konzentriert sich in Afrika die Wilderei auf zwei völlig andere Regionen: Nach den Erbgut-Analysen stammt das Waldelefanten-Elfenbein von allen seither beschlagnahmten Chargen mit nur einer Ausnahme aus einem System miteinander vernetzter Schutzgebiete im Nordosten von Gabun, im Nordwesten der Republik Kongo, im Südosten von Kamerun und im Südwesten der Zentralafrikanischen Republik. Aus der gleichen Region stammten auch 40 Prozent der insgesamt sechs Tonnen Elfenbein, die 2012 die Behörden in Malaysia beschlagnahmten. Für den Rest dieser riesigen Schmuggelaktion hatten die Wilderer allerdings keine Waldelefanten, sondern Steppen-Elefanten im Osten Afrikas erlegt. Obendrein wurde die heiße Ware über das westafrikanische Togo nach Asien geschmuggelt. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass ein einziges riesiges Verbrechersyndikat seine Netze über den gesamten Kontinent spannt oder dass verschiedene Banden hinter der Wilderei in den einzelnen Regionen stecken, die zusammenarbeiten.

Elfenbein des zweiten Wilderei-Booms stammt aus einer Region

„Normalerweise aber verlässt das Elfenbein der Savannen-Elefanten in den großen Häfen Mombasa und Daressalam oder von der Insel Sansibar den Kontinent“, erklärt ZGF-Geschäftsführer Christof Schenck. Ursprünglich aber stammte zwischen 2006 und 2011 am Anfang des zweiten Wilderei-Booms das allermeiste Elfenbein aus einer einzigen Region: Nach den DNA-Analysen von Samuel Wasser wurden diese Tiere weit überwiegend entweder im riesigen Selous-Wildreservat im Süden Tansanias oder im angrenzenden Niassa-Wildreservat im Norden Mosambiks sowie in den benachbarten Regionen gewildert.

In den folgenden Jahren verlagerten die Wilderer ihre Aktivitäten dann nach Norden zum Ruaha-Nationalpark und dem Rungwa-Wildreservat im Zentrum Tansanias, folgert Samuel Wasser aus den DNA-Sequenzen. „Diese Analyse deckt sich mit den Ergebnissen der großen Elefantenzählung, bei der die Zoologische Gesellschaft Frankfurt in Tansania, Mosambik und Sambia von Flugzeugen aus die Dickhäuter wissenschaftlich erfasst hat“, erklärt ZGF-Chef Christof Schenck. So zählten die Forscher im Herbst 2013 im Selous-Gebiet, in dem 2009 noch rund 45 000 Elefanten trompeteten, gerade noch 13 000. Im benachbarten Niassa-Wildreservat in Mosambik waren von vorher 12 000 Elefanten im Jahr 2012 nur noch 4440 übrig. „Dabei sind die Elefanten für das Ökosystem und für die Wirtschaft der jeweiligen Region unersetzlich“, so Schenck. Fehlen die Dickhäuter, bleiben auch die Fotosafari-Touristen aus, die oft genug die wichtigste Einkommensquelle sind.

Gleich mit drei unterschiedlichen Ansätzen, die einander ergänzen, versuchen Naturschützer wie die ZGF und Behörden daher, den Elfenbein-Syndikaten das brutale Geschäft zu vermasseln und so die Dickhäuter vor dem Aussterben zu retten: In Ostasien klären Organisationen wie WildAid die Verbraucher darüber auf, dass die angebotenen hübschen Elfenbein-Schnitzereien die charismatischen Elefanten in wenigen Jahren ausrotten könnten. Interpol versucht, zwischen Afrika und Asien die Handelswege der Syndikate aufzubrechen. Und in den Elefanten-Gebieten verteidigen Ranger, Patrouillenflüge und Spürhunde die letzten Dickhäuter gegen Wilderer, deren Hintermänner nach wie vor im Dunkeln stehen. ZGF-Geschäftsführer Christof Schenck bleibt daher optimistisch: „Schließlich ist es uns auch gelungen, die Elefanten-Wilderei der 1970er und 1980er Jahre zu stoppen.“

Schutz für Dickhäuter

Reservate
Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt unterstützt den Kampf gegen Wilderer mit einer möglichst guten Ausrüstung für die Ranger. Dazu gehören Geländefahrzeuge, Nachtsichtgeräte, Funkausrüstungen und einfache Dinge wie Essensrationen, für die in armen Ländern wie Tansania oft das Geld fehlt.

Flughäfen
Spürhunde lernen, auch verborgenes Elfenbein zu suchen. Diese Tiere können dann an Straßensperren, in Häfen und Flughäfen die Schmuggelware aufspüren. Wenn die Tat noch nicht lange zurückliegt, können speziell ausgebildete Hunde an einem Elefantenkadaver die Spur der Wilderer aufnehmen.

Tourismus
Die Menschen am Rand der Reservate spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle. Investieren die Tourismus-Unternehmen dort in die Ausbildung, profitieren auch die Dörfer vom Tourismus und werden sich gegen die Wilderer wenden, die durch die Gemeinde kommen oder dort sogar eine Basis errichten