Die Stuttgarter Fraunhofer-Institute erproben die Zukunft der Elektromobilität mit neuen Ladestationen und neuen Apps: Wie lässt sich eine Flotte Elektroautos möglichst gut managen?, lautet ihre Forschungsfrage, um den CO2-Ausstoß zu senken.

Stuttgart - Mercedes-Benz, Smart, BMW, Renault, Mitsubishi: im Fuhrpark des Stuttgarter Fraunhofer-Institutszentrums ist ein Großteil der momentan auf dem Markt verfügbaren Elektroautos versammelt. Auch der Opel Ampera, ein Elektroauto mit Benzinmotor zur Verlängerung der Reichweite, ist in die mittlerweile 32 Autos umfassende Elektroautoflotte integriert. „Wir achten auf eine möglichst große Vielfalt“, betont Dionysios Satikidis, Projektleiter am Fraunhofer-Kompetenzzentrum für energetische und informationstechnische Mobilitätsschnittstellen. Auch bei den Ladestationen werden mehrere Varianten getestet. 30 davon sind im Parkhaus des Forschungszentrums auf dem Vaihinger Campus aufgebaut – nach Fraunhofer-Angaben Deutschlands größte vernetzte Ladeinfrastruktur.

 

Mit einem solchen „Werkzeug“ lässt sich schon einiges auf dem noch jungen Gebiet der Elektromobilität erforschen. Und das tut das Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) auch: In dem umfangreichen Projekt Integriertes Flottenladen, kurz Inflott (siehe 2. Seite), ist das IAO für die Erstellung eines Programms zuständig, mit dem sich beim Flottenmanagement die Einsätze von E-Fahrzeugen wie auch die Ladevorgänge optimal koordinieren lassen.

Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Integration der umweltfreundlichen, weil klimaschonenden Elektrofahrzeuge ist, dass sich deren Einsatz auch ökonomisch rechnet. Das geht aber nur, wenn sie so oft wie möglich eingesetzt werden und dann der billige Strompreis gegenüber den teuren Spritpreisen erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringt. Ein weiterer Pluspunkt ist, wenn die Autos Teil eines umfassenden Energiemanagements werden, bei dem die Akkus dann aufgeladen werden, wenn besonders viel – oder gar zu viel – Strom aus regenerativen Energiequellen zur Verfügung steht. Den Anreiz dazu könnte in Zukunft ein in diesen Zeiten besonders günstiger Strompreis bieten.

Hier setzt das Projekt Ecoguru an, mit dem das IAO – innerhalb des Projekts Inflott – Elektroautos in bestehende Fahrzeugflotten integrieren will. Denn auf die Betreiber von Fuhrparks wächst der Druck, ihren Kohlendioxidausstoß zu senken. Dazu können sparsamere und auch kleinere Autos mit gleicher Leistung beitragen – Stichwort Downsizing. Auch Erdgasfahrzeuge helfen bei der CO2-Reduktion. Mit den größten Beitrag aber können sinnvoll eingesetzte Elektroautos leisten.

Die App Ecoguru bringt Fahrer und Fahrzeug zusammen

Das sieht auch das Stuttgarter Regierungspräsidium so, das sich an dem Projekt als Anwender beteiligen will. „Bürgernähe heißt auch vor Ort sein“, begründet Regierungsvizepräsident Christian Schneider das hohe Dienstreiseaufkommen seines Hauses. Dabei sollen die 122 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer des derzeitigen Fuhrparks noch weiter reduziert werden. Neben den im behördlichen Kurierdienst eingesetzten Elektroautos können dabei auch im Fuhrpark mehrere Elektroautos für Selbstfahrer zum Einsatz kommen. Dabei soll Ecoguru helfen.

Aktuell wird das Programm bereits beim Fraunhofer-Fuhrpark eingesetzt. Es erfasst sowohl die Buchungswünsche der Nutzer – diese müssen Nutzungszeitraum und Fahrtstrecke angeben – als auch per Teledatenerfassung den stets aktuellen Zustand der Flottenautos, insbesondere deren Einsatz und Ladezustand der Akkus. Das Programm koordiniert dann den optimalen Einsatz der Elektrofahrzeuge.

Einen wichtigen Beitrag dazu liefert auch der Nutzer. Wenn er die Wahl des Fahrzeugs dem Programm überlässt, wird er mit Pluspunkten belohnt. Diese gibt es auch für die bevorzugte Nutzung eines Elektroautos. Hier kommt dann der spielerische Aspekt von Ecoguru zum Tragen, der Anreize für eine besonders umweltfreundliche Nutzung der Flotte setzt: Wer viele Pluspunkte sammelt, wird belohnt – beispielsweise, indem er sein Lieblings-E-Auto aus der Flotte privat über das Wochenende nutzen darf.

Als weiteren wichtigen Eckpunkt koordiniert das Programm das Aufladen der E-Autos, indem es nicht nur den erforderlichen Strombedarf ermittelt, sondern auch einen Ladeplan für den folgenden Tag erstellt. Dieser orientiert sich auch daran, wie viel Strom aus erneuerbaren Energiequellen zur Verfügung steht. Am Fraunhofer-Standort in Vaihingen entsteht derzeit ein lokales intelligentes Stromnetz, ein Mikro Smart Grid. Es umfasst neben den Ladestationen für E-Autos als Verbraucher auch die Produktion von Sonnen- und Windstrom sowie Stromspeicher.

Das Forschungsprojekt „Inflott“

Elektromobilität
Im April 2012 hat die Bundesregierung vier Regionen in Deutschland als Schaufenster-Projekte ausgewählt, in denen die Forschung und Entwicklung alternativer Antriebe mit insgesamt 180 Millionen Euro gefördert wird. Eine davon ist die Region Stuttgart. In regionalen Demonstrations- und Pilotprojekten wird nicht nur die Elektromobilität, sondern auch die Schnittstelle von Energiesystem – inklusive alternativer Energien –, Fahrzeug und Verkehrssystem erprobt.

Projekt
Das Projekt Integriertes Flottenladen, kurz Inflott, ist eines von 40 Forschungsvorhaben im „Schaufenster“ Living Lab BWe mobil. Von den 4,7 Millionen Euro Kosten werden rund 2,8 Millionen Euro vom Bund übernommen. An dem Forschungsvorhaben, das vom Energieversorger EnBW koordiniert wird, nehmen mehrere Partner teil.

Ziele
Inflott soll zeigen, dass es sich ökologisch wie ökonomisch lohnt, Elektroautos in Fahrzeugflotten zu integrieren – wenn man die Elektroautos sinnvoll einsetzt. Dabei wird auch erprobt, wie sich die Ladevorgänge am besten in ein Energieversorgungssystem einbauen lassen, das einen hohen Anteil an erneuerbaren Energiequellen aufweist. Dabei sollen die E-Autos zudem Teil eines intelligenten Netzes, eines Smart Grids, werden.