Ruth Galloway muss sich um die Herkunft von sechs Skeletten und um ihre neugeborene Tochter kümmern – viel zu tun also für die forensische Archäologin, die hier in einem mäßig spannenden, aber atmosphärisch dichten Fall ermittelt.

Stuttgart - Endlich mal keine abgebrühte, durchsetzungsstarke, an mehr oder minder ausgefallenen Hobbys herumlaborierende Kommissarin, die männliche Kollegen und Verbrecher gleichermaßen in Schach hält. Statt dessen? Eine forensische Archäologin, die sich mit ihrer neuen Rolle als Mutter eines kleinen Mädchens erst anfreunden muss. In Elly Griffiths drittem Roman um Ruth Galloway muss die sympathische Antiheldin außerdem noch die Tatsache verkraften, dass der Vater ihrer Tochter, ihr verheirateter Kollege Detective Chief Inspector Harry Nelson, weitaus emotionaler und damit auch äußerst verräterisch auf seine erneute Vaterschaft reagiert.

 

Angesichts dieser komplizierten Umstände tritt der eigentliche Kriminalfall – der Fund von sechs Skeletten in einer Höhle an der Steilküste von Broughton, einem fiktiven Örtchen in Norfolk, – beinahe in den Hintergrund. Zwar findet die Polizei mit Ruths Hilfe schnell heraus, dass es sich bei den Toten, die an Händen und Füßen gefesselt waren und mit einem Kopfschuss getötet worden sind, um Deutsche gehandelt haben muss. Der Verdacht liegt nahe, dass der Fall in den Zweiten Weltkrieg zurückreicht.

Zeugen sterben unnatürlich

Doch welche Zeugen die Polizei auch befragt, kurz darauf sind sie tot. Das alles ist eher mäßig spannend, aber solide erzählt und irgendwie sehr unterhaltend – und das liegt eindeutig an allem, was Griffith drum herum erzählt. Da ist beispielsweise Ruths Freund Cathbad, ein schräger Vogel und selbst ernannter Druide, der die neugeborene Kate unbedingt in einer Namensweihe dem Schutz der Götter anvertrauen will. Außerdem taucht Ruths Freundin Tatjana auf, die sie unter schwierigen Umständen bei Ausgrabungen in Bosnien kennen gelernt hat, und mit der sie ein dunkles Geheimnis teilt. Und Nelsons Assistentin Judy blickt der bevorstehenden Hochzeit mit ihrem Jugendfreund Darren alles andere als zuversichtlich entgegen, was ebenfalls zu Verwicklungen führt. Genug Stoff also, um aus der leicht betulich erzählten Krimihandlung eine durchaus vergnügliche Geschichte zu machen.

Elly Griffiths: „Gezeitengrab“. Wunderlich Verlag, Reinbek 2013. 400 Seiten, 14,95 Euro. Auch als E-Book, 12,95 Euro.