Kai Tschöke, Vorstandsmitglied bei Morgan Stanley, beschrieb die Rolle René Proglios vor dem Untersuchungsausschuss mit den Worten: „Er war extrem wichtig für uns als Teammitglied, weil er Zugang zu seinem Bruder hatte.“ Vor Übernahme des Mandats habe die Bank ein regelhaftes Konfliktklärungsverfahren in Gang gesetzt, das keinerlei Anhaltspunkte für eine Befangenheit ergeben habe. Tschöke bestand vor dem Ausschuss darauf, dass seine Bank den Kaufpreis im Rahmen einer sogenannten Fairness Opinion „nach allen Regeln der Kunst“ bewertet habe. Anders als Notheis bei seinem Auftritt vor dem Ausschuss vermochte Tschöke immerhin darzustellen, dass es überhaupt so etwas wie eine Kaufpreisprüfung gegeben hat. Allerdings ging es dabei im Wesentlichen darum, einen bereits zuvor – wie auch immer – festgezurrten Betrag von 40 Euro pro Aktie plus einem Aufschlag von 1,50 Euro auf seine Plausibilität hin zu untersuchen. Die Fairness Opinion kam indes erst wenige Tage vor dem Vertragsabschluss am 6. Dezember 2010 in Gang. Bereits am 1. Dezember aber hatte der damalige Ministerpräsident Mappus der Spitze des anderen großen EnBW-Eigners, der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW), bei einem Abendessen von dem geplanten Geschäft berichtet und den Kaufpreis als nicht mehr verhandelbar bezeichnet. Woher aber dieser Betrag? Wann wurde er von wem festgelegt? Andreas Stoch, der SPD-Obmann im Ausschuss, sagte: „Wir stehen vor einem schwarzen Loch.“ Gern würde er es erhellen.

 

Wollte die EdF alles belassen, wie es ist?

Auf Antrag der Grünen erschien auch Umweltminister Franz Untersteller vor dem Ausschuss. Der Grünen-Politiker berichtete von einer fast schon skurrilen Begegnung mit zwei hochrangigen EdF-Vertretern am 25. November 2010. Keine zwei Wochen vor dem EnBW-Deal fanden sich Untersteller und sein damaliger Fraktionschef Winfried Kretschmann im Stuttgarter Schlossgartenhotel ein – auf Wunsch des EdF-Deutschland-Beauftragten Gérard Roth, damals noch EnBW-Aufsichtsrat. Die EdF-Manager wollten eingedenk der Umfragen vor der Landtagswahl den Grünen auf den Zahn fühlen, schien doch ein Regierungswechsel im Südwesten nicht mehr ausgeschlossen. Laut Untersteller ging es bei dem zweistündigen Gespräch einzig darum, was die mögliche Regierungspartei der Grünen vom Engagement der EdF bei der EnBW halte. Vom Ausstieg sei keine Rede gewesen, im Gegenteil, die Franzosen hätten den Eindruck erweckt, dass die EdF nicht länger nach einer Mehrheit beim Karlsruher Energieversorger strebe, sondern sich mit dem Status quo begnüge.

Damit war Untersteller aber noch nicht am Ende. Nach der Überraschung des 6. Dezembers 2010, berichtete der Umweltminister, habe er Roth angerufen und gefragt, welchen Sinn das Treffen im Schlossgartenhotel eigentlich gehabt habe. Roth antwortete, das Geschäft sei auch innerhalb der EdF streng geheim gehalten worden. Nicht alle in der EdF hielten den Ausstieg des Unternehmens aus dem deutschen Markt für gut. „Aber bei einem Preis von 41,50 Euro“, so Roth, „hören die Diskussionen ganz schnell auf.“