Raymond Lescastreyres gehörte zu den französischen Truppen, die Stuttgart erobert haben. Er fuhr einen Panzer und kam über Vaihingen nach Stuttgart – hier erzählt er, wie er die Besetzung Stuttgarts erlebt hat.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - „Zu Beginn des Nachmittags rückt meine Einheit weiter nach Norden vor, nimmt Steinfelden [wohl Leinfelden] und Möhringen ein und rückt nach Vaihingen vor, einem Vorort von Stuttgart, den der Deutsche aber erbittert verteidigt, Haus um Haus, Straße um Straße. Die Legionäre gehen voraus, dann folgen die Panzer, die weiter vorankommen, aber der Feind schießt aus den oberen Stockwerken und flüchtet durch die Gärten. Der Panzer Nemours II meines Freundes, des Quartiermeisters Jacques Lamotte, wird mit einer Panzerfaust direkt am Geschützturm getroffen. Jacques stirbt sofort, wie auch der Schütze des Panzers, der Brigadier Brousse; dessen Körper ist durchsiebt von vielen Splittern der Panzerung.

 

Nach François Lassere verliere ich nun auch jenen Kameraden, mit dem ich so viel Leid und Freude geteilt hatte. Ich sehe ihn immer noch, wie wir ihn aus dem Panzer gezogen haben (der nicht Feuer gefangen hatte) und wie wir ihn in ein Haus gebracht und auf einem Bett niedergelegt haben. Sein Gesicht, das ohne Wunden ist, wirkt ruhig. Er hat den Tod nicht kommen sehen, wir haben ihm die Augen zugemacht. Seine Jacke ist ganz rot vom Blut! Adieu Jacky! Ruhe nun in Frieden, zusammen mit François, im Paradies der Mutigen. Vaihingen ist genommen. Mehr als 150 Gefangene wurden gemacht. Trotzdem, weil es so sein muss, geht das Leben weiter. Man darf nicht zu sehr darüber nachdenken.

Am 22. April fällt auch Stuttgart, die Einheit macht kehrt Richtung Süden, nach Tübingen und fährt zurück nach Horb, wo wir die Nacht verbringen.“

Raymond Lescastreyres (1923-2007) stammte aus Mont-de-Marsan ganz im Südwesten Frankreichs. Er hat seine Erinnerungen im Buch „Souvenirs de guerre d’un jeune français“ niedergeschrieben. Den obigen Abschnitt drucken wir mit Erlaubnis der Tochter, die in Auckland lebt, erstmals in deutscher Sprache