Erst denken, dann reden. Vor dem Finale melden sich in der Causa Sebastian Vettel jetzt auch noch Bernie Ecclestone und Lewis Hamilton zu Wort. Wie aus heiterem Himmel erzählt der Formel-1-Tycoon, Vettels Charisma lasse zu wünschen übrig, und der im WM-Kampf längst aussortierte McLaren-Pilot verkündet, dass er es genießt, wenn Vettel Fehler macht. Dabei vergeigte Hamilton 2007 in Shanghai den Titel wegen eines stümperhaften Kiesbettausflugs in der Boxengasse. Setzen, sechs!

 

Ecclestone war derweil ja schon einmal froh darüber, in Vettel wieder einen Superstar zu haben. Und nun? Piloten wie James Hunt (Feuerwasser), Niki Lauda (Feuerunfall) und Alain Prost (feuriger Franzose) bewertet der Brite als echte Kerle, von denen sich der aktuelle WM-Leader eine Scheibe abschneiden könne. Dem Red-Bull-Fahrer, der am Sonntag in São Paulo zum dritten Mal nacheinander Weltmeister werden kann, wird das Gerede egal sein. Doch es ist seltsam: Seit drei Jahren ist er die spielbestimmende Figur, aber sie mäkeln trotzdem an ihm herum.

Vettel fährt und siegt für sich

Er fahre nur so gut, weil sein Auto so gut sei – außerdem präsentiere er sich zu niedlich, zu nett, zu brav. Da stellt sich die Frage, was der vermeintlich konturlose Südhesse tun muss, um die allgemeine Miesepeterei zu beenden. Mit Restalkohol durch Monaco jagen wie Hunt? Den Rivalen von der Piste fegen wie Prost?

Es geht auch anders. Am Sonntag den dritten Titel holen – das wäre mal eine Antwort! Doch seinem Naturell entsprechend geht es ihm dabei nicht einmal darum, die notorischen Nörgler eines Besseren zu belehren. Er fährt für sich, er siegt für sich. Und ob der erst 25 Jahre alte Rennfahrer später noch sein viertes, fünftes, sechstes oder siebtes Championat gewinnt, geht dann ohnehin nur noch ihn und Michael Schumacher etwas an. Im Fernduell der Giganten.

Er fahre nur so gut, weil sein Auto so gut sei – außerdem präsentiere er sich zu niedlich, zu nett, zu brav. Da stellt sich die Frage, was der vermeintlich konturlose Südhesse tun muss, um die allgemeine Miesepeterei zu beenden. Mit Restalkohol durch Monaco jagen wie Hunt? Den Rivalen von der Piste fegen wie Prost?

Es geht auch anders. Am Sonntag den dritten Titel holen – das wäre mal eine Antwort! Doch seinem Naturell entsprechend geht es ihm dabei nicht einmal darum, die notorischen Nörgler eines Besseren zu belehren. Er fährt für sich, er siegt für sich. Und ob der erst 25 Jahre alte Rennfahrer später noch sein viertes, fünftes, sechstes oder siebtes Championat gewinnt, geht dann ohnehin nur noch ihn und Michael Schumacher etwas an. Im Fernduell der Giganten.

Zu viel Fantasie? Auf alle Fälle wird Vettel seines Weges gehen und in São Paulo erst einmal ganz gepflegt Weltmeister werden – auch weil die blaue Getränkedose schneller ist als Alonsos rote Möhre aus Maranello. Zu befürchten ist dann nur, dass Ecclestone und Hamilton plötzlich wieder das Hohelied anstimmen auf den Heppenheimer – wie so viele. Aus dem Bauch heraus. Ohne nachzudenken.

Reporter Elmar Brümmer setzt auf Fernando Alonso

Der Auftrag aus Möhringen nach São Paulo duldet keinen Widerspruch: 60 Zeilen, warum Fernando Alonso Weltmeister wird. Warum auch nicht. Also einfach die beiden Vettel-Biografien vergessen, die man geschrieben hat? Aus Prinzip gegen den Strich bürsten, sich ganz PS-Deutschland zum Gegner machen? Muss doch gar nicht sein. Denn das, was Fernando Alonso morgen vorhat, ist durchaus machbar. Gegen Vettel, im Zusammenspiel mit den Unzuverlässigkeiten von Strecke, Wetter, Rennwagen. Vor allem aber: im Vertrauen auf sich selbst. Fernando Alonso und die wilde 13. Denn 13 Punkte Rückstand klingen nach viel, aber 13 Punkte Vorsprung können in diesem Duell auch sehr wenig sein.

Da kämpfen zwei auf den ersten Blick unterschiedliche Typen auf Augenhöhe gegeneinander. Alonso hat das, was unvorstellbar wäre bei Vettel: Einen über den ganzen Rücken tätowierten Samurai, eine diebische Freude, die Unwichtigkeiten des Lebens in die Welt zu twittern, die misstrauischen Augenbrauen von Theo Waigel. Vettel spielt Backgammon, Alonso pokert.

In Alonso steckt unheimlich viel Vettel

Der größte Unterschied aber ist, dass er das deutlich schwächere Auto hat. Was zu Schumachers Zeiten noch eine rote Göttin war, ist momentan das Aschenbrödel aus Maranello, selten auf der Höhe mit dem Red Bull von Vettel. Das Mehr an Leistung kommt vom Fahrer, ein Plädoyer für den Faktor Mensch in der Formel 1. Alonso ist doppelt gewachsen in diesem Duell des Jahres, das im Sommer schon zu seinen Gunsten entschieden schien: erst das eigene Auto als Gegner, dann das Kräftemessen mit Vettel. Mal war er Eichhörnchen, mal Panther, dreimal Grand-Prix-Sieger. Der eigentliche Erfolg aber liegt darin, dem ganzen Team von Ferrari den Glauben an sich selbst zurückgegeben zu haben. Trotz aller martialischen Kriegsweisheiten, die er so gern verbreitet: mehr Motivator als Terminator.

In diesem Alonso steckt unheimlich viel Vettel, und genau das macht den Asturier so gefährlich. Ehrgeizig, kompromisslos, draufgängerisch – bis hin zum Egoismus. Mit einem Plus an Erfahrung und der Leichtigkeit, angesichts der Ausgangslage nichts mehr zu verlieren, aber alles gewinnen zu können. Mit 31 wäre er der jüngste Dreifachweltmeister der Geschichte. Warum soll so einer am Ende nicht über sich hinauswachsen?