Grün-Rot und die Wirtschaft haben einen gemeinsamen Lenkungskreis gegründet. In der Stromversorgung gibt es eine Annäherung.

Stuttgart - Er sei "sehr froh, dass die Regierung unsere Sorgen aufgegriffen hat", sagte der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes der baden-württembergischen Industrie (LVI) , Hans Eberhard Koch. Der Präsident der Industrie- und Handelskammern im Land, Peter Kulitz, zeigte sich "sehr angetan von der neu organisierten Plattform". Joachim Möhrle, der Präsident des baden-württembergischen Handwerkstages, meinte, "der Start war gut", wenn "das ein Hinweis auf den künftigen Umgang mit der Wirtschaft ist".

 

So bilanzierten die drei Wirtschaftsfunktionäre ein "energiepolitisches Gespräch zu Energiewende, Versorgungssicherheit und Strompreisen", zu dem Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Umweltminister Franz Untersteller (beide Grüne) eingeladen hatten. Er habe seit seinem Amtsantritt viele Termine bei der Wirtschaft gehabt. Durchweg habe er dort "große Besorgnis über die Sicherheit der Energieversorgung und die Strompreisentwicklung wahrgenommen", sagte Kretschmann. Das habe ihn veranlasst, "sehr schnell einen solchen Termin ins Auge zu fassen".

Neben Vertretern der Wirtschaft waren Energieversorger, Umweltverbände, Gewerkschafter und Experten geladen. Die Bundesnetzagentur und das Leipziger Institut für Energiewirtschaft setzten Impulse zu den Problemthemen Versorgungssicherheit und Preisentwicklung. Ein wesentliches Ergebnis des "Energiegipfels" war, dass es dabei nicht bleiben soll. Vielmehr wird in einem gemeinsamen "Energiemonitoring" geprüft, ob sich die Dinge wirklich so entwickeln, wie man es jetzt erwartet. Nötigenfalls wird nachgesteuert, wie der Regierungschef sagte.

Akzeptanz und Transparenz bei den Energieabnehmern

Das entspricht einer Forderung der Industrie. Für den Südwesten sei eine solche Abstimmung "besonders nötig, weil Baden-Württemberg deutlich abhängiger vom Atomstrom war", der Umbau der Energieversorgung hier somit "deutlich aufwendiger" sei, sagte LVI-Präsident Koch. Sorgen hinsichtlich der Versorgungssicherheit seien zumindest kurzfristig ausgeräumt. Mittel- und langfristig würden die Themen Kapazitäts- und Netzumbau relevant. Das gelte für ganz Deutschland. Die Strompreise würden kurzfristig nicht explodieren; auf mittlere und längere Sicht würden sie steigen. Da sehe man "die Möglichkeiten der Energieeffizienz", sagte Koch.

"In der Art und Weise, wie wir hier zusammenarbeiten", sieht BWIHK-Chef Kulitz "eine große Chance". Man schaffe Akzeptanz und Transparenz bei den Energieabnehmern, "dass wir das im Griff haben" und die Ziele gemeinsam erreichen. Das Handwerk "trägt die Energiewende aus vollem Herzen mit", sagte deren Vormann Möhrle. Auf der Kostenseite freilich gebe es Fragezeichen. So "ärgert uns die Bevorzugung der großindustriellen Stromverbraucher". Doch habe das Handwerk "kein Erpressungspotenzial, weil wir unsere Betriebe nicht ins Ausland verlagern können".

 "Die Energiewende kann nur gelingen, wenn alle mitmachen"

Dem Umweltminister hat vor allem eine Information aus den Vorträgen zu denken gegeben. Die nämlich, dass gerade 15 Prozent der Stromverbraucher von der durch die Marktliberalisierung eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, den Anbieter zu wechseln. "Entweder sind die Möglichkeiten dazu noch nicht so bekannt, oder der Druck ist nicht groß", sagte Untersteller.

"Die Energiewende kann nur gelingen, wenn alle mitmachen", sagte die Landesvorsitzende des BUND, Brigitte Dahlbender. "Für Industrieunternehmen und Gewerbebetriebe darf und kann es keine weiteren Ausnahmen geben." Die meisten Unternehmen werden mittelfristig vom Umstieg auf erneuerbare Energien profitieren, sagte Dahlbender. Es sei richtig, dass Wirtschaft, Verbände und Politik sich abstimmen, so der Nabu-Landeschef André Baumann. Der Nabu habe Verständnis für die Sorgen der Industrie und "nimmt ihre Anregungen ernst". Er appelliert an die Wirtschaft, auch "die immensen Chancen" der Energiewende zu sehen. Ähnlich äußerte sich auch der Landesnaturschutzverband.