Nur wenige Kilometer von Guéckadou entfernt liegen Dörfer, welche die Helfer nicht betreten können: An ihren Zufahrtswegen stehen mit Schleudern bewaffnete Männer Schmiere, um Fremden den Zugang zu verwehren. Unter den Dorfbewohnern grassiert die Auffassung, dass es die Ausländer in ihren merkwürdigen Schutzanzügen sind, die die Menschen krank machen: Sie hätten es auf die Organe der Afrikaner abgesehen, glaubt die an Zauberei und schwarze Magie gewohnte Bevölkerung Westafrikas; manche vermuten sogar Kannibalismus in den Krankenhäusern. Hat die Krankheit nicht erst die schlimmsten Ausmaße angenommen, nachdem die Fremden ins Land gekommen waren?

 

So wichtig wie medizinisches Pflegepersonal sind für die „Ärzte ohne Grenzen“ deshalb Anthropologen und Psychologen: Sie sollen die Dorfbewohner überzeugen, dass es für alle besser ist, wenn sie ihre erkrankten Familienangehörigen zur Aufnahme in einer Isolierstation melden und auf Traditionen wie die sorgfältige Waschung ihrer Toten verzichten. Die Vorstellung, dass es die Europäer sind, die absichtlich Krankheiten einschleppen, um Afrikas Bevölkerung zu dezimieren, blühte bereits zu den Hochzeiten der Aids-Pandemie: ein Zeichen des noch immer hochproblematischen Verhältnisses der Bevölkerung zu den einstigen Kolonialherren.

Armut fördert die Ausbreitung des Erregers

Es ist – neben der dichten Besiedelung der westafrikanischen Küstenregion – diese Skepsis, die den jüngsten Ausbruch der Ebola-Seuche zum tödlichsten in der Geschichte macht. Fünf Monate nach dem ersten bekannt gewordenen Ebola-Fall hat Sierra Leone jetzt den Notstand ausgerufen. Ganze Gebiete im Osten des Landes sollen unter Quarantäne gestellt werden. „Die Lage ist außer Kontrolle“, sagt Mariano Lugli, Koordinator von „Ärzte ohne Grenzen“ in Genf. Das Virus sei nicht zu stoppen, lokale Gesundheitsbehörden seien überfordert. Liberia hat seine Landesgrenzen und Schulen geschlossen, Fluglinien beginnen damit, ihre Flüge in das Kata-strophengebiet zu stornieren.

Neben Guinea, Liberia und Sierra Leone hat die Epidemie jüngst mit Nigeria ihren vierten Staat erreicht. Weil der bislang einzige Ebola-Tote in Nigeria mit dem Flugzeug eingereist war, befürchten nun auch weit entfernt liegende Nationen wie Südafrika oder gar Großbritannien eine Ankunft des Virus in den eigenen Grenzen: eine theoretische Möglichkeit, die wegen der besseren Gesundheitssysteme in der Ersten Welt nicht wirklich besorgniserregend sei, sagt der Arzt Kratz. Eine Ausbreitung der Seuche wie in Westafrika sei in Europa undenkbar: Ebola ist auch eine Armutskrankheit.

Der gefährliche Glaube an schwarze Magie

Nur wenige Kilometer von Guéckadou entfernt liegen Dörfer, welche die Helfer nicht betreten können: An ihren Zufahrtswegen stehen mit Schleudern bewaffnete Männer Schmiere, um Fremden den Zugang zu verwehren. Unter den Dorfbewohnern grassiert die Auffassung, dass es die Ausländer in ihren merkwürdigen Schutzanzügen sind, die die Menschen krank machen: Sie hätten es auf die Organe der Afrikaner abgesehen, glaubt die an Zauberei und schwarze Magie gewohnte Bevölkerung Westafrikas; manche vermuten sogar Kannibalismus in den Krankenhäusern. Hat die Krankheit nicht erst die schlimmsten Ausmaße angenommen, nachdem die Fremden ins Land gekommen waren?

So wichtig wie medizinisches Pflegepersonal sind für die „Ärzte ohne Grenzen“ deshalb Anthropologen und Psychologen: Sie sollen die Dorfbewohner überzeugen, dass es für alle besser ist, wenn sie ihre erkrankten Familienangehörigen zur Aufnahme in einer Isolierstation melden und auf Traditionen wie die sorgfältige Waschung ihrer Toten verzichten. Die Vorstellung, dass es die Europäer sind, die absichtlich Krankheiten einschleppen, um Afrikas Bevölkerung zu dezimieren, blühte bereits zu den Hochzeiten der Aids-Pandemie: ein Zeichen des noch immer hochproblematischen Verhältnisses der Bevölkerung zu den einstigen Kolonialherren.

Armut fördert die Ausbreitung des Erregers

Es ist – neben der dichten Besiedelung der westafrikanischen Küstenregion – diese Skepsis, die den jüngsten Ausbruch der Ebola-Seuche zum tödlichsten in der Geschichte macht. Fünf Monate nach dem ersten bekannt gewordenen Ebola-Fall hat Sierra Leone jetzt den Notstand ausgerufen. Ganze Gebiete im Osten des Landes sollen unter Quarantäne gestellt werden. „Die Lage ist außer Kontrolle“, sagt Mariano Lugli, Koordinator von „Ärzte ohne Grenzen“ in Genf. Das Virus sei nicht zu stoppen, lokale Gesundheitsbehörden seien überfordert. Liberia hat seine Landesgrenzen und Schulen geschlossen, Fluglinien beginnen damit, ihre Flüge in das Kata-strophengebiet zu stornieren.

Neben Guinea, Liberia und Sierra Leone hat die Epidemie jüngst mit Nigeria ihren vierten Staat erreicht. Weil der bislang einzige Ebola-Tote in Nigeria mit dem Flugzeug eingereist war, befürchten nun auch weit entfernt liegende Nationen wie Südafrika oder gar Großbritannien eine Ankunft des Virus in den eigenen Grenzen: eine theoretische Möglichkeit, die wegen der besseren Gesundheitssysteme in der Ersten Welt nicht wirklich besorgniserregend sei, sagt der Arzt Kratz. Eine Ausbreitung der Seuche wie in Westafrika sei in Europa undenkbar: Ebola ist auch eine Armutskrankheit.

Ignoranz der Pharmakonzerne

Außer Familienangehörigen, die mit den Ausscheidungen der auf schlimmste Weise verendenden Kranken in Berührung kommen, sind vor allem Pflegekräfte gefährdet. Mehr als 100 Krankenschwestern und Ärzte sind in Westafrika bereits infiziert, wovon rund 60 starben, teilt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit: Unter den Toten auch die beiden prominentesten Ebola-Ärzte Sierra Leones und Liberias, Sheik Umar Khan und Samuel Brisbane. Außerdem haben sich in Liberia zwei US-Mitarbeiter der Hilfsorganisation Samaritan’s Purse infiziert: Ihnen soll es jedoch schon wieder besser gehen.

Es sind die Überlebenden der Infektion, die Adele Millimouno nicht aufgeben lassen. „Wir haben schon 40 Menschen gerettet“, sagt die Krankenschwester: „Ich bin sehr stolz auf unsere Arbeit.“ Viel mehr als den Patienten Schmerztabletten zu geben und ihnen ab und zu die Hand zu halten, kann Millimouno allerdings nicht tun. Noch immer fehlt jedes Gegenmittel gegen das Virus – die lediglich alle paar Jahre in Afrika auftretende Krankheit macht die Forschung für Pharmakonzerne nicht lohnenswert. Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ rechnet nicht damit, dass die Epidemie in diesem Jahr beendet sein wird. Bis es endlich so weit ist, werden womöglich noch Hunderte von Menschen sterben.