Noch immer verdienen Frauen deutlich weniger als Männer. Woran liegt das und könnte sich womöglich bald schon etwas ändern? Eine Arbeitsrechtlerin und die Kampagnen-Chefin des Equal Pay Days blicken über die Zahlen.

Baden-Württemberg: Lea Krug (lkr)

Bis zum 6. März arbeiten Frauen theoretisch umsonst – so die zentrale Message des Equal Pay Days. Der Tag markiert symbolisch die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern. In Deutschland haben Frauen im vergangenen Jahr 18 Prozent weniger verdient als Männer – gemessen am Bruttostundenlohn. In Baden-Württemberg ist der Unterschied – verglichen mit den anderen Bundesländern – am höchsten. Im Südwesten liegt der Unterschied bei 22 Prozent, Bayern folgt mit einem Prozentpunkt danach. In den ostdeutschen Bundesländern sind die Unterschiede hingegen nur einstellig.

 

„Der Unterschied zwischen gut und schlecht bezahlten Berufen ist im Westen – und in Baden-Württemberg ganz speziell – besonders hoch“, so Uta Zech die Leiterin der Equal Pay Day Kampagne, die vor einigen Jahren von einem Frauennetzwerk ins Leben gerufen wurde. Zwar gibt es im Süden offenbar viele gut bezahlte Jobs, Frauen haben sie aber seltener. Zech macht das an einem Beispiel deutlich: Die Vorschullehrerin verdient deutlich weniger als ein Elektroingenieur. „Und das, obwohl die Verantwortung und die Anforderungen ähnlich sind“, so die 61-Jährige.

Welche Gründe stecken dahinter?

Den einen Grund für den großen Lohnunterschied gibt es offenbar nicht, vielmehr ist es eine ganze Liste, an der sich Frauenorganisationen seit Jahren abarbeiten. Während die Unterschiede beim Gender Pay Gap bei den 20-Jährigen noch verhältnismäßig gering ausfallen, steigen sie vor allem zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr – der Zeit, in der viele Menschen eine Familie gründen. Laut Zech geht es daher auch um die Verteilung von Carearbeit . Frauen gehen häufiger den schlechter bezahlten Teilzeitbeschäftigungen nach und leisten mehr unbezahlte Arbeit. Vor allem im Westen Deutschlands habe sich ein „modernisiertes Ernährermodell“ durchgesetzt, wie Zech sagt. In vielen Familien sei der Mann zwar nicht mehr alleine für das Haushaltseinkommen zuständig, aber eben immer noch zu einem höheren Anteil. Die Frau in Teilzeit – und mit mehr Verantwortung für Kinder und Haushalt. Das werde vor allem im Westen von vielen noch so gelebt.

Statistikerinnen und Statistiker unterscheiden außerdem den bereinigten vom unbereinigten Gender Pay Gap. Der unbereinigte (in Baden-Württemberg 22 Prozent) stützt sich auf die Bruttoarbeitslöhne. Etwa der ausgeübte Beruf, Dauer der Unternehmenszugehörigkeit und Führungsaufgaben haben Einfluss. Im bereinigten Gender Pay Gap wird der Anteil, der auf diese strukturellen Unterschiede zurückgeht, herausgerechnet. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg hat für 2023 dabei einen Wert von sechs Prozent errechnet. Also auch bei vergleichbarer Tätigkeit und Positionen verdienen Frauen weniger als Männer.

Mit dem Entgelttransparenzgesetz hat der Gesetzgeber vor einigen Jahren versucht, für mehr Transparenz innerhalb von Unternehmen zu sorgen. Doch die Hürden sind hoch, Frauenrechtlerinnen und Gewerkschaften kritisieren das Gesetz seit Jahren als zahnlosen Tiger. Doch nun schöpfen sie neue Hoffnung. Vor einigen Monaten hat die Europäische Union eine Entgelttransparenz-Richtlinie beschlossen, die den Gleichbehandlungsgrundsatz stärkt. Unternehmen ab einer Größe von 250 Beschäftigten sollen demnach regelmäßig Daten zum Lohngefälle vorlegen und etwa auch bei einer Stellenausschreibung Auskunft über das Gehalt geben.

Arbeitsrechtlerin macht Frauen Hoffnung

„Natürlich fragt man sich, warum wir über ein solches Thema heute überhaupt noch sprechen müssen“, sagt Anwältin Smaro Sideri, die in ihrer Kanzlei in Oberboihingen bei Nürtingen Frauen über ihre Arbeitsrechte berät. So mancher Arbeitgeber verankere sogar im Arbeitsvertrag, dass über das Gehalt nicht mit Kolleginnen und Kollegen gesprochen werden darf. „Das ist rechtlich nicht wirksam“, sagt sie. „Wir müssen weg von dem Dogma, dass man über Geld nicht spricht. Sideri macht Frauen Mut, auf ihren Arbeitgeber oder auf den Betriebsrat zuzugehen. Viele ihrer Fälle hätten sich auch ohne Gerichte regeln lassen. „Attraktive Arbeitgeber sollten von sich aus das Interesse haben, gleiche Tätigkeiten auch gleich zu bezahlen“, sagt sie.

Sideri ist optimistisch, dass sich durch die neue Regelung etwas bewegt, auch wenn es für manche Unternehmen unbequem werden könnte. Nicht ganz so optimistisch blick Uta Zech von der Equal Pay Day Kampagne auf die neue Regelung: „Wir hoffen, dass die Richtlinie nicht verwässert wird. Sie beobachte das kritisch. „Wir hoffen, dass etwas Wirksames rauskommt.“