Nach einem Unglück mit Todesfolge ist der wildromantische Steg am Bodensee unbegehbar geworden. Nur der untere Teil soll vom See her bald wieder zugänglich sein, der Durchgang bleibt wohl noch lange gesperrt.

Überlingen - Sie windet sich über schmale, verschlungene Wege vorbei an überwachsenen Felsabhängen hinunter zum Bodensee. Die wildromantische Marienschlucht oberhalb des Überlinger Sees ist eines der wichtigsten Naturdenkmäler am Bodensee. Seit mehr als hundert Jahren besteht hier ein Wanderweg. Jedes Jahr wird er von 150 000 Touristen durchstiegen. Viele lassen sich auch von einem Kursschiff oder Motorboot an die Anlegestelle bringen. Ein Kiosk sollte demnächst neu gebaut werden. Seit dem tödlichen Erdrutsch am Abend des 6. Mai ist es damit vorerst vorbei. Die Felsenschlucht und der am See verlaufende Uferweg sind ebenso wie die Anlegestelle von den Behörden bis auf Weiteres gesperrt worden. Wie es aussieht, wird es für eine lange Zeit so bleiben.

 

Vor dem Unglück hatte es tagelang stark geregnet – 135 Liter Regen pro Quadratmeter, wie das Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau in Freiburg mitteilt. An dem Abend des 6. Mai hatte sich an einem bis dahin unauffälligen Südhang ein Erdrusch gelöst – zehn bis 15 Meter breit und 45 Meter lang. Hundert Tonnen Erde, Gestein und Bäume waren auf den Steg gestürzt und hatten ihn zertrümmert.

Zwei Menschen befanden sich auf dem Steg

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich eine 72 Jahre alte Frau und ihr Begleiter auf dem Steg. Die Frau starb in dem Gemenge aus Gestein, Holz und Stegtrümmern, das noch ein Stück die Schlucht hinuntergerutscht war. Der Mann wurde schwer verletzt, konnte sich aber aus eigener Kraft befreien. „Das alles ist schlimm genug, es hätte auch noch mehr passieren können“, sagte der Bürgermeister von Allensbach, Helmut Kennerknecht.

Erst am 26. März 2015 hatten Sachverständige vom Geologischen Landesamt die Schlucht und die Hänge untersucht und keine Anzeichen für Instabilitäten festgestellt. Wobei immer nur eine Überprüfung auf Sicht möglich sei, teilt das Landesamt mit. Das Terrain mit Hangneigungen bis zu 90 Prozent, Felswänden und Steinböschungen ist sehr schwer zugänglich.

Der untere Teil der Schlucht soll bald zugänglich sein

2007 erst war die Schlucht wieder eröffnet worden. Zwei Jahre zuvor war unterhalb der Ruine Kargegg ebenfalls ein Erdrutsch mit Hunderten Kubikmeter Gestein und Erde abgegangen und hatte die Schlucht auf einer Länge von 200 Metern unpassierbar gemacht. Damals war dies an einem als gefährdet eingeschätzten Nordhang passiert. Für 330 000 Euro wurde das Gelände danach nach einem Konzept des Geologischen Landesamtes gesichert. 75 unterirdische Stahlplanken wurden im Felsen verankert und Dutzende Konsolen aus Metall und Beton angebracht. Auf 400 Metern wurden neue Holzstege und Treppen gebaut, um die Schlucht wieder für den Fremdenverkehr zugänglich machen zu können. Nach dem neuerlichen Unglück soll zumindest der untere Teil der Schlucht im Laufe des Sommers wieder per Schiff und über den Uferweg erreichbar sein. Die Marienschlucht selbst aber wird wohl noch für eine lange Zeit unpassierbar bleiben.