Der FC Augsburg kommt am Sonntag nach Stuttgart zum VfB – als eine der Überraschungsmannschaften der Saison. Als Erfolgsgarant gilt dabei der Trainer Markus Weinzierl.

Augsburg - Vielleicht wird es in Augsburg in einer fernen Zukunft Erzählungen geben, die mit „es war ein einmal“ beginnen und mit „wenn sie nicht gestorben sind“ enden. In diesen Erzählungen wird es wohl um einen jungen Mann gehen, der auszog, der Bundesliga das Fürchten zu lehren. Das könnte eine ziemlich kitschige Geschichte werden, aber sicher eine, die sich um Markus Weinzierl dreht.

 

Es ist ja schon jetzt eine erstaunliche Entwicklung, die der FC Augsburg unter dem jüngsten Trainer der Liga genommen hat und die am Sonntag beim VfB Stuttgart aus Sicht der bayerischen Schwaben fortgesetzt werden soll. In der oberen Tabellenhälfte hat sich der FCA eingenistet, auf Platz neun, fernab der Abstiegszone und nah an Europa. Noch mögen sie in Augsburg gar nicht daran denken. Auch Weinzierl (39) nicht, trotz des vielversprechenden Trends. „Wir wollen den Lauf, den wir haben, laufen lassen und frühzeitig den Klassenverbleib feiern“, sagt er. Die Party könnte sich bei der Zwischenbilanz von 28 Punkten ziemlich schnell einstellen.

Große Zweifel zu Beginn

Und das hätte viel mit Weinzierl zu tun. Als er vor gut anderthalb Jahren beim FC Augsburg das Traineramt übernahm, begleiteten seine Mission große Zweifel. Ein so junger Coach, ohne Berufserfahrung in der Bundesliga, als Nachfolger von Jos Luhukay, des Augsburger Helden, der den FCA nach dem Aufstieg und vielen Niederlagen in der Hinrunde noch zum Klassenverbleib geführt hatte – ein Projekt, das unmöglich von Erfolg gekrönt sein kann, dachten viele. Doch Weinzierl hat sich behaupten können in seinem neuen Umfeld und die Mannschaft in der Rückrunde zu einem kleinen Märchen angeleitet.

Wie der erfahrene Luhukay erreichte er mit dem FCA nach einem ähnlichen Saisonverlauf doch noch die Versetzung. Spätestens seit der zurückliegenden Hinrunde, der erfolgreichsten in drei Jahren Bundesliga, trauert dem Niederländer in Augsburg kaum noch einer nach. Markus Weinzierl ist der neue Märchenschreiber beim FCA. Was für eine Geschichte, aber auch eine, die nicht ganz so überraschend kommt, wie es auf den ersten Blick wirken mag.

Wie man aus geringen Mitteln viel macht, hat der Niederbayer bereits in Regensburg vorgeführt, unweit seiner geliebten Heimat Straubing, wo er weiter mit seiner Frau Kerstin und den zwei Kindern wohnt, jedenfalls an freien Tagen. Und wo ihn auch eine Freundschaft mit dem VfB-Trainer Thomas Schneider verbindet. „Das würden viele Anhänger als Märchen bezeichnen“, hat Weinzierl nach dem Aufstieg mit Regensburg in die zweite Liga gesagt. Und: „Zusammenhalt kann Berge versetzen.“ Das erzählt etwas über ihn. Bescheiden tritt er auf, nett und nahbar, ein Trainer von nebenan, aber mit sehr klaren Vorstellungen. Dass seine Erfolge kein Zufall sind, sollen andere beurteilen, und das tun sie auch. Egal, ob seine Spieler, Manager Stefan Reuter, das Fachpublikum, die Fans.

Geradliniger Kombinationsfußball

Die Parallelen zu Regensburg sind unverkennbar. Mit geradlinigem Kombinationsfußball gelang dem SSV Jahn als finanzschwächster Mannschaft der dritten Liga der Aufstieg. Mit dieser klaren Spielidee lehren Weinzierls Augsburger seit gut einem Jahr nun der Bundesliga das Fürchten. Nur die Spitzenteams haben seit der Winterpause vor 13 Monaten mehr Punkte geholt als der FCA, „der Vorletzte der Etattabelle“, wie Weinzierl erinnert. Alles andere als selbstverständlich seien die Erfolge, sagt er, und auch deshalb versucht er, seiner Mannschaft immer wieder zu vermitteln, dass sie nicht nachlassen darf. Körperbetont und aufopferungsvoll, mit viel Gemeinsinn, Mut und längst auch dem Vertrauen in die eigenen fußballerischen Qualitäten – so soll seine Elf weiter auftreten. Dann dürfte es auch etwas werden mit dem nur leicht modifizierten Saisonziel: dem frühzeitigen Klassenverbleib.

Dass auf dem Weg dorthin Gefahren lauern, wissen sie. Die Branche schaut immer genauer hin, die Begehrlichkeiten nehmen zu. Es sei möglich, so Reuter, dass nicht alle Spieler gehalten werden können. Und vielleicht, trotz der jüngsten Verlängerung mit Weinzierl bis 2017, wird er auch um den Trainer kämpfen müssen. Anfragen gab es schon mehrfach. Vielleicht sollten sich die Augsburger bald mal an Weinzierls Frau wenden, damit ihr Mann gar nicht greifbar ist für andere. Seine Gattin hatte jüngst den Urlaub organisiert, und Weinzierl kannte das Reiseziel angeblich gar nicht. „Ich folge ihr einfach“, hatte er gesagt.