Ernst Ulrich von Weizsäcker fordert eine Abkehr vom ungehemmten Ressourcenverbrauch. Eine Kultur der Bescheidenheit und des Teilens sei nötig, sagt er im Interview. Den wachstumskritischen Club of Rome will er verjüngen.


Stuttgart – Herr von Weizsäcker, dem Club of Rome wird vorgeworfen, mit seiner Studie „ “ von 1972 apokalyptische Szenarien gemalt zu haben, die sich nicht bewahrheitet haben. Wie gehen Sie als Co-Direktor des Clubs damit um?
Ich bin nachträglich sehr dankbar, dass diese Arbeit damals gemacht wurde. Ihre Ergebnisse waren seinerzeit ein Schock. Das Buch hat sich mehrere Millionen Mal verkauft und hat die Welt aufgerüttelt. Die Mathematik dahinter war aber problematisch, insbesondere die feste Koppelung zum Beispiel von Industrieproduktion und Umweltverschmutzung. Damals war diese feste Koppelung zwar ein Faktum, aber sie ist heute überwunden.

Viele bestreiten die Dramatik des Problems.
Dieses Phänomen ist nicht neu. Damals war der Herausgeber der Wissenschaftszeitschrift „Nature“, John Maddox, so empört über den Club of Rome, dass er eine „Kampagne gegen den Pessimismus“ gemacht hat. Später sagten Ronald Reagan und Maggie Thatcher: Es gibt keine „Grenzen des Wachstums“! Und sie haben damit ihre, wie ich meine, ökologisch hoch problematische Politik durchgesetzt.

Und dann gibt es Menschen, die befürchten, dass es ohne Verzicht nicht gehen wird: Der Ressourcenverbrauch sei einfach zu hoch.
Das ist eine von den Fakten her sehr gut begründete, aber nicht auf alle Zukunft richtige Aussage. Die bisherigen Erfahrungen sagen tatsächlich, dass alle Umweltschutzmaßnahmen zwar lokale Verbesserungen gebracht, das Klima aber in keiner Weise geschont haben. Was die Skeptiker nicht berücksichtigen, ist die Möglichkeit, dramatisch mehr zu tun. Insbesondere trauen sie dem Thema Effizienz nicht genug zu.

Sie tragen als Redner oft vor, wie man mit Passivhäusern, Ein-Liter-Autos und LED-Lampen wachsen könne, ohne mehr Ressourcen zu verbrauchen. Haben Sie den Eindruck, Sie reden gegen eine Wand?
Ich bin nicht melancholisch. Ich sage nur: wir müssen dafür sorgen, dass das, was heute von einigen Pionieren gemacht wird, zu einem Massenphänomen wird. Dies geschieht nicht, solange es 30 Jahre dauert, bis sich ökologische Maßnahmen rechnen.

Sie haben kürzlich davor gewarnt, den Prozess von oben nach unten zu gestalten. Wie sollte er aussehen?
Der Club of Rome hat zum Beispiel eine Konferenz von jungen Leuten aus aller Welt organisiert. Da entsteht so etwas wie eine Bewegung. Ich will eine Verjüngung erreichen. Die Jugend verbündet sich auch mit Occupy Wallstreet, mit Greenpeace, mit allen möglichen Leuten, denen es stinkt, dass sich alle hinter der Vokabel „Wachstum“ verstecken und damit im Grunde Trendfortschreibung meinen.