Eine traditionsreiche Marke ist wieder auferstanden. Barbara Scherrer hat die Marke Esslinger Wolle wieder ins Leben gerufen. Sie verkauft unter dem Namen buntes Handstrickgarn das ohne Chlor hergestellt wurde.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslinger - Esslinger Wolle war bekannt bis nach Frankreich und Italien. Das Garn aus der Maschinenhalle von Merkel und Kienlin war schick, robust und preiswert. Seit Mittwoch gibt es die Esslinger Wolle wieder zu kaufen. Die ehemalige Journalistin Barbara Scherrer hat zwei große Präsentationsständer in ihrem Wollgeschäft im Kielmeyerhaus am Esslinger Marktplatz aufgebaut. Von ihr stammt auch die Idee, den alten und gut eingeführten Markennamen wieder ins Leben zu rufen und Handstrickgarn zu verkaufen.

 

Wolle, Wein Kaffee gibt es in ihrem Geschäft, das sie im Jahr 2014 eröffnete. Schon damals hat sie sich mit der Esslinger Wolle beschäftigt und die Geschichte der ersten Esslinger Fabrik recherchiert. Kein anderer als Georg von Kessler, der die älteste Sektkellerei Deutschlands gründete, war auch der Vater der Esslinger Wolle. Er hatte noch von Frankreich aus, wo er die Kunst der Sektherstellung erlernte, das Geld seiner Gönnerin, einer wohlhabenden Witwe, in eine Textilfabrik gesteckt. Als Kessler heiratete, war die Witwe wohl etwas pikiert, jedenfalls verließ Kessler Frankreich, kam nach Esslingen, gründete die Sektkellerei und die Textilfirma. Doch ließ er das Textilgeschäft bald sein und verkaufte die Fabrik an die Familie Merkel. Die Fabrikantendynastie hat die Stadt wie kaum eine andere geprägt, noch erhalten ist der Merkelpark, die Villa Merkel und das Merkelsche Schwimmbad. Mit dem Niedergang der deutschen Textilindustrie ging es auch mit der Esslinger Wolle bergab. Die Firma und die Markenrechte wurde an die Süßener Firma Schoeller verkauft, die in den 80er Jahren die Esslinger Wolle einstellte.

Mit Peter Schmickler, dem Geschäftsführer von Schoeller in Süßen bei Geislingen fand Barbara Scherrer jedoch einen Geschäftspartner, der der Esslinger Wolle wieder auf die Füße helfen wollte – gemeinsam beschloss man, Sockengarn herzustellen. Dabei hat Schoeller ein umweltfreundliches Verfahren entwickelt, mit dem Wollgarn ohne Chlorierung hergestellt werden kann. Das heißt, das Sockengarn hat keine giftigen Rückstände, und es wird mit viel weniger Wasser und Chemie hergestellt. Außerdem ist das Garn außerordentlich robust: „Sie können die Socken in der Waschmaschine waschen und hinterher in den Trockner werfen, der Wolle macht das gar nichts“, sagt Peter Schmickler.

In leuchtenden Farben steht das Garn jetzt im Geschäft und wartet auf die Kunden. „Stricken ist wie Yoga“, erklärt Barbara Scherrer, „wunderbar zum Entspannen nach einem anstrengenden Tag und nebenbei macht man noch etwa Schönes für sich oder zum Verschenken – das ist ja auch etwas Schönes.“

Zur Präsentation der Essliner Wolle ist auch Dietmut Kienlin gekommen, die Tochter des letzten Esslinger Textilfabrikanten. Dass die Wolle dreißig Jahre nach ihrem Verschwinden wieder wachgeküsst wird, kann sie in zwei Worten zusammenfassen: „Absolut spitze“. Das Garn wird es aber nicht nur in Esslingen geben, sondern auch bundesweit im Wollfachhandel.