Eine Baustelle, Ärger zwischen der Stadt und dem Anbieter und ein Gesetz gefährden die beliebten Kanaltouren durch die Esslinger Neckarkanäle. Die saison beginnt frühestens im August.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Es gibt kaum eine faszinierendere Variante, die historischen Esslinger Schönheiten zu bewundern, als eine Tour mit dem Kanu durch die Altstadtkanäle – wahlweise in größeren Gruppen mit zwei zusammengebundenen Großkanus oder auf eigene Faust mit einem Leihboot. Doch auf dieses touristische Angebot werden die Besucher der Stadt in diesem Jahr mit Sicherheit ziemlich lange, möglicherweise sogar ganz verzichten müssen. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe.

 

Zum einen verzögern sich die Bauarbeiten für die neue Fischtreppe am Schäferwehr. Eigentlich hätte die 560 000 Euro teure Aufstiegshilfe bereits im Mai fertig sein sollen. Wegen baulicher Verzögerungen soll die Fischtreppe nun frühestens Ende Juli fertiggestellt sein. Bis dahin haben die Kanus so wenig Wasser unter den Kielen, dass die Touren nicht möglich sind. Denn um die Baugrube trocken zu halten, muss das Wasser großflächig umgeleitet und der Wasserpegel in den Neckarkanälen abgesenkt werden. Der Bauabschluss könnte sich sogar noch weiter verzögern, wenn es zu einem weiteren Wintereinbruch kommt. Der Zeitpunkt Ende Juli sei, so das Tiefbauamt, nur bei „witterungsbedingt störungsfreiem Bauverlauf“ zu halten.

Aus Berlin droht Ungemach

Ungemach droht den Kanutouren auch aus Berlin. Denn weil die Regierung bundesweit ökologische Bedenken gegen solche Kanutouren hat, durften zuletzt nur noch bereits registrierte Boote bei solchen Angeboten eingesetzt werden – allerdings auch nur mit einer Übergangsfrist, die Ende März ausläuft. Der Esslinger CDU-Bundestagsabgeordnete Markus Grübel hat sich an den Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit der Bitte gewandt, die Ausnahmeregelung zu verlängern – zumindest bis zum Jahresende. So wäre zumindest diese Kanusaison gerettet.

Aktuell, so Grübel, arbeite das Verkehrsministerium an einer Novelle der Sportbootvermietungsverordnung. Davon hänge dann auch maßgeblich die Zukunft der Esslinger Kanutouren ab. Vor diesem Hintergrund bittet Grübel den Minister, dass er die „Zukunft der beliebten touristischen Attraktion nicht generell in Frage stellt“.

Ein hausgemachtes Esslinger Problem

Es gibt aber noch ein weiteres hausgemachtes Esslinger Problem, dass das Aus für die Kanufahrten durch die Neckararme bedeuten könnte. Denn Ralf Weinberger, der vor mehr als 20 Jahren die Kanutouren durch die Esslinger Stadtkanäle „erfunden“ hat, hat sich immer wieder mit Teilen der Stadtverwaltung angelegt. Jetzt scheint das Verhältnis nachhaltig gestört.

Nachdem er jahrelang seine Boote beim Schäferwehr zu Wasser gelassen hatte, war er zuletzt auf die grüne Wiese vor dem Neckarfreibad ausgewichen und steht nun, nachdem ihm die Stadt den Betrieb dort untersagt hat, ohne Anlegeplatz da. Verständnis für die Entscheidung des Esslinger Baurechtsamts hat Weinberger nicht: Bei der Wiese neben dem Freibad handele es sich um den einzigen historischen Standort einer Bootsvermietung in Esslingen. Darauf wiesen Hinweistafeln entlang des Neckartalradwegs sogar extra hin. Allerdings werde er nicht aufgeben und sei auf der Suche nach Ersatz.

Unverständlich sei auch, dass sich die Esslinger Stadtmarketing und Tourismus Gesellschaft (EST) mittlerweile weigere, Karten für die Kanutouren Weinbergers zu verkaufen. Begründet werde das damit, dass es ja möglicherweise demnächst mehrere Kanuanbieter geben werde. Der EST-Chef Michael Metzler bestätigt diese Aussage. In der Tat hätte sich ein weiterer Anbieter aus dem Raum Bietigheim-Bissingen gemeldet, der Interesse daran habe, Kanutouren in Esslingen anzubieten. Dieser Anbieter besitze ebenfalls Boote, die unter den Bestandsschutz fielen, und sei in Verhandlungen mit einem Partner in Esslinger, der ihm die logistischen Voraussetzungen für seine Pläne bieten könne. Konkreter will Michael Metzler zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht werden.

Weil es dann möglicherweise mehrere Anbieter gebe, werde man sich aus dem Kartenverkauf zurückziehen und lediglich auf der EST-Homepage auf die jeweiligen Angebote verweisen. Die Befürchtung Weinbergers, dass er bei den Kanutouren im wahrsten Sinne des Wortes ausgebootet werden könnte, scheint nicht unberechtigt.