Marcus Grube ist aus Bielefeld als neuer Chefdramaturg an die Württembergische Landesbühne nach Esslingen gekommen. Der neue Intendant Friedrich Schirmer hat ihn geholt.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Wer Schauspieler werden möchte, muss das unbedingt machen wollen“: Marcus Grube lächelt. Natürlich hätte der Mann, den der neue Intendant Friedrich Schirmer im September 2014 als seinen Chefdramaturgen an die Württembergische Landesbühne Esslingen (WLB) geholt hat, auch Schauspieler werden können. Aber wie schon zuvor, als er während seines Theologie-Studiums entdeckte, dass die Menschen, mit denen er gerade studierte, nicht diejenigen waren, mit denen er sein ganzes Leben verbringen wollte, so hat er auch während seiner Studienzeit an der Stuttgarter Schauspielschule frühzeitig die Weichen gestellt: Marcus Grube sieht sich nicht als Schauspieler, auch nicht als Regisseur, sondern als Dramaturg.

 

„Ich bin der erste mündige Zuschauer“, so beschreibt Grube seine künstlerische Aufgabe. Neben der Erstellung der Textfassung müsse er „die Betriebsblindheit der Regisseure hinterfragen“, die sich fast zwangsläufig einstelle, wenn man sich intensiv auf ein Stück einlasse. Innerhalb der normalerweise achtwöchigen Probezeit entstünden Dinge auf der Bühne, die sich oftmals dem Publikum nicht vermitteln ließen. An dieser Stelle greife ein guter Dramaturg ein und mache auf Widersprüche aufmerksam. Was dabei herauskommt, können die Esslinger Zuschauer momentan schon einmal im Jugendstück „Zorgamazoo“ und vor allem in der von der Kritik überschwenglich gefeierten Revue „Weihnachten an der Front“ erleben.

Schirmer holte Grube ans Stuttgarter Staatstheater

Kennengelernt haben sich Marcus Grube und Friedrich Schirmer in Stuttgart. Schirmer holte den Studenten als Regieassistenten ans Stuttgarter Schauspielhaus. 2005 wechselte Grube ans Schauspielhaus Bochum. Von 2006 bis 2011 folgte das erste Engagement als Chefdramaturg am Theater Kiel, 2011 ging er dann ans Theater in Bielefeld. „Wir haben in dieser Zeit lose Kontakt gehalten, mehr nicht“, beschreibt Grube sein Verhältnis zu Schirmer.

Umso überraschter war er, als ihm Schirmer dann vorschlug, mit ihm nach Esslingen zu gehen. Die Absage im ersten Moment hat Grube dann schon einen Tag später in eine Zusage verwandelt. „Die Aufgabe reizte mich sehr – und es war eine richtige Entscheidung“, bilanziert er heute. Schließlich sei Friedrich Schirmer ein Intendant, der sich und dem Publikum nichts mehr beweisen müsse. Vor diesem Hintergrund könne man in Esslingen Sachen machen, die sich andere Häuser nicht trauten.

Intendanz als denkbare Perspektive

Schirmer verstehe es, sich auf die Sinnlichkeit des Theaters zu konzentrieren. Gerade dieser Aspekt sei im Regietheater zu kurz gekommen. Überhaupt strahle Schirmer ein hohes Maß an Herzlichkeit und Verbindlichkeit aus. Das wirke sich positiv auf das Betriebsklima im ganzen Haus aus. Grube: „Ich erlebe meine Zeit hier als sehr erfrischend und bereichernd.“

Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. Friedrich Schirmer macht keinen Hehl aus seiner Meinung, dass er Marcus Grube durchaus zutraut, selber einmal ein Haus zu führen. „Natürlich wäre eine Intendanz ein denkbarer nächster Schritt“, sagt Grube dazu. „Ich habe aber in meinem Leben bisher nie nach einer Position geschielt, sondern immer nach einer Konstellation gesucht, die ich reizvoll und spannend finde – so wie jetzt hier in Esslingen.“