Vier Männer aus der Textilbranche müssen sich von diesem Montag an vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Zwei von ihnen wird unter anderem vorgeworfen, massiv Lizenz- und Markenrechte verletzt und damit einen Schaden von mehr als 11 Millionen Euro verursacht zu haben.

Esslingen - Treffen die Vorwürfe der Stuttgarter Staatsanwaltschaft zu, dann haben die vier Angeklagten aus der Textilbranche mehr als sechs Jahre lang – vom März 2007 bis zum September 2013 – „gewerbs- und bandenmäßig“ im großen Stil betrogen. Sie sollen unter anderem illegale Geschäfte mit Bekleidung der Marke Pierre Cardin und mit den Lizenzen des Modelabels betrieben haben. Der Schaden beläuft sich laut der Anklage auf rund 11,7 Millionen Euro.

 

Der Hauptangeklagte wird am Tag des Prozessauftakts vor der 11. Großen Wirtschaftskammer des Landgerichts Stuttgart 75 Jahre alt. Der Geschäftsführer eines im Kreis Esslingen ansässigen, inzwischen insolventen Textilhandelsunternehmens kann das runde Wiegenfest aber nicht in Freiheit feiern. Er sitzt seit dem 25. Mai in Untersuchungshaft. Er soll die treibende Kraft bei einem großangelegten Betrug gewesen sein, in dessen Folge außer ihm noch sein 47 Jahre alter Sohn sowie zwei weitere 54 und 38 Jahre alte mutmaßliche Komplizen auf der Anklagebank sitzen. Das Verfahren gegen einen weiteren Mitangeklagten ist inzwischen eingestellt worden.

Trotz Abtretungsverbots Unterlizenzen verkauft

Die Firma des 75-Jährigen besaß zwar einen rechtmäßigen Lizenzvertrag mit der Marke des französischen Modeschöpfers Pierre Cardin. Doch diesen haben er und sein Sohn laut der Anklage weidlich ausgenutzt, um kriminelle Geschäfte zu machen. So verkauften sie der Staatsanwältin zufolge ohne das Wissen von Pierre Cardin und trotz eines „unmissverständlichen Abtretungsverbots“ sogenannte Unterlizenzen an mehrere deutsche und ausländische Firmen. Dafür sollen sie nicht nur Gebühren kassiert, sondern sich auch die Möglichkeit eröffnet haben, Socken, Nacht- und Unterwäsche sowie T-Shirts mit dem begehrten Etikett unerlaubter Weise in einigen osteuropäischen Ländern zu verkaufen. Zum Teil sei auch Pierre-Cardin-Bekleidung veräußert worden, für deren Verkauf die Firma keine Lizenz besessen habe und die in Ländern wie China, Indien, Pakistan und Bangladesch hergestellt worden sein soll. Mit diesen illegalen Machenschaften seien auch große Kunden wie Rewe, Real, Lidl und C&A beliefert worden – sie seien im Glauben gewesen, bei den Geschäften mit der Firma ginge alles mit rechten Dingen zu.

Um den Schwindel zu kaschieren, habe der Hauptangeklagte bei den entsprechenden Stellen mitunter einen gefälschten Hauptlizenzvertrag vorgelegt. In dem sei dann beispielsweise Bulgarien als eines von Pierre Cardin abgesegneten Absatzländer vorgetäuscht worden.

Schwindel fliegt auf

Im Jahr 2012 flog der im großen Rahmen aufgezogene Schwindel mit Lizenzen und Markenrechten auf. Pierre Cardin kündigte den Vertrag mit der Firma daraufhin fristlos. Bestätigt sich der Vorwurf in der Anklage, hat selbst das die Angeklagten nicht davon abgehalten, weiterhin auf Kosten von Pierre Cardin und ihrer Kunden zu betrügen. Selbst die nach zähem Verhandeln zustande gekommene Fristvereinbarung mit Pierre Cardin, wonach der 75-Jährige bis zum 30. Juni 2012 seine Lagerbestände an Socken und Unterwäsche verkaufen kann, habe er nicht eingehalten. Er habe die Markenware auch danach weiterhin in den europäischen Wirtschaftsraum eingeführt und über Strohmanngesellschaften in den Verkauf gebracht.

Zudem soll er in einem Zivilprozess, in dem er gegen eine einstweilige Verfügung Pierre Cardins klagte, betrogen haben. Unter anderem soll er vor dem Oberlandesgericht eine von ihm als verdeckte Stellvertreterin eingesetzte Firma als Großhandelsunternehmen ausgegeben und die Fristvereinbarung verschwiegen haben. Für den Prozess sind bis zum kommenden April 23 Verhandlungstermine angesetzt.