Ein 57-jähriger Polizeibeamter ist vom Amtsgericht Esslingen zu einer Geldstrafe in Höhe von 12 500 Euro verurteilt worden. Er hat sich laut dem Urteil der falschen Verdächtigung sowie der Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht.

Esslingen - Ein 57 Jahre alter Polizeibeamter ist vor dem Amtsgericht Esslingen wegen falscher Verdächtigung und versuchter Strafvereitelung im Amt zu einer Geldstrafe von 12 500 Euro verurteilt worden. Die Vorsitzende Richterin Corinna Mahringer sieht es nach drei Verhandlungsterminen als erwiesen an, dass der Angeklagte einen Autofahrer zu Unrecht beschuldigt hat, ihn bei einer Privatfahrt genötigt zu haben. Zudem ist sie überzeugt, dass der Polizist einen Ladendieb hat laufen lassen, anstatt diesen anzuzeigen.

 

Demnach ist der Angeklagte am 6. März des vergangenen Jahres auf der B 313 in Richtung Nürtingen auf Höhe von Wendlingen exakt um 12.51 Uhr geblitzt worden, weil er zu schnell unterwegs gewesen war. Er behauptete, er sei von einem massiv drängelnden Verkehrsrowdy zu der Geschwindigkeitsüberschreitung gezwungen worden. Dies gab er bei der Bußgeldstelle des Landratsamts an und lieferte die Automarke, die Farbe, das Kennzeichen und eine Beschreibung der beiden Fahrzeuginsassen mit. Beim Fahrer soll es sich um einen jungen Mann gehandelt haben, der allerdings behauptet, er könne zu dem Zeitpunkt nicht am Ort des Geschehens gewesen sein, weil er da noch die Schulbank gedrückt habe. Seine Lehrerin bestätigte das in ihrer Aussage. Der Schüler sei nicht krank gewesen, nicht später zum Unterricht gekommen und nicht früher gegangen. Das sei im Klassenbuch protokolliert.

Ladendieb nicht angezeigt

Dass die Lehrerin an jenem Mittwoch den Unterricht möglicherweise früher beendet hat, wie der Verteidiger vermutet, lässt die Richterin Corinna Mahringer nicht gelten. Denn die Frau hatte erklärt, das sei nur dienstags der Fall, wenn die Pausen durchgearbeitet würden. Für Mahringer sei es „nicht aus der Welt“, dass sich der Angeklagte und der junge Mann irgendwann im Straßenverkehr begegnet seien. Vielleicht sei es dabei zu der geschilderten Situation gekommen, obwohl sie auch daran zweifle. „Aber er war nicht zu dem Zeitpunkt vor Ort, als der Angeklagte geblitzt worden ist“, betont sie in ihrer Urteilsbegründung. Eine Sachverständige, die die Daten und die Aufnahmen der Radarstation ausgewertet hatte, stützte in ihrem Gutachten die Version des Angeklagten nicht.

Den zweiten Vorwurf wegen versuchter Strafvereitelung im Amt sieht die Vorsitzende ebenfalls als bewiesen an, wenngleich es sich um einen „minderschweren Fall“ handle. Der am 22. Juni 2013 in einem Ostfilderner Supermarkt ertappte Ladendieb hätte angezeigt werden müssen, zumal das entsprechende Formular bereits ausgefüllt gewesen sei, sagt sie.

Doch der Polizeibeamte habe auf den Ladendetektiv und den Marktleiter Einfluss genommen, sie zu einer internen Lösung überredet und damit „versucht, dass die Straftat nicht verfolgt wird“, so Mahringer. Der Marktleiter sagte im Zeugenstand aus, er müsse wohl in der Hektik unterschrieben haben, genau erinnern könne er sich an den Fall nicht mehr. Aber eine interne Lösung bei Ladendiebstählen werde üblicherweise nur bei Tätern über 80 Jahren oder bei Kindern gesucht. Auf welchem Weg das Formular schließlich doch zur Polizei gelangte und den Fall dadurch erst ins Rollen brachte, konnte vor Gericht nicht aufgeklärt werden.

Angeklagter ist sich keiner Schuld bewusst

Nach der Urteilsverkündung sitzt der Polizist kopfschüttelnd auf der Anklagebank. Noch in seinem letzten Wort hatte er zuvor beteuert, sich „keiner Schuld bewusst“ zu sein. Sein Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Die Staatsanwältin hingegen glaubt dem Angeklagten nicht und hat in ihrem Plädoyer für beide Delikte eine Gesamtstrafe von 125 Tagessätzen á 100 Euro gefordert – just jenes Strafmaß, das im Urteil bestätigt worden ist.

Die Verurteilung könnte für den Polizeibeamten zudem disziplinarrechtliche Folgen haben, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen auf Anfrage bestätigt. Denn in solchen Fällen würden nach einem Urteil polizeiinterne Maßnahmen geprüft. Unabhängig von dem vorliegenden Fall könnten diese vom Verweis über Geldbußen und Kürzungen der Bezüge bis hin zur Entfernung aus dem Dienst reichen.