In Esslingen herrscht dicke Luft – dadurch tut sich der Gemeinderat schwer, eine Frischluftschneise zu verbauen.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Zuerst die gute Nachricht: Die Stadt Esslingen ist weiterhin deutlich unter dem zulässigen Grenzwert für Feinstaub. Doch die schlechte Nachricht ist, dass aller Voraussicht nach die Grenzwerte für Stickoxid im März überschritten sein werden. Das haben zumindest die Daten der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) ergeben. Sie unterhält in der Esslinger Grabbrunnenstraße direkt am Altstadtring eine Messstation.

 

Das wird erhebliche Konsequenzen für Esslingen haben, da ist sich Roland Karpentier, der Pressesprecher der Stadt, sicher. Auf Weisung des Ministeriums müsse Esslingen einen Luftreinhalteplan erstellen und Maßnahmen vorschlagen, damit die Luft in Esslingen besser wird. Diese Maßnahmen müssten dann durch einen Gutachter abgesichert werden, der nachweisen muss, ob sie zum Erfolg führen können.

Dass das alles nicht so einfach ist, weiß man aus der Nachbarkommune Stuttgart, denn seit Jahren versucht man dort mit allen möglichen Mitteln, die Luft am Neckartor, der dreckigsten Straße des Landes, zu verbessern. Bisher ist diesen Maßnahmen wenig Erfolg beschieden.

Laut den Zahlen der LUBW ist die Esslinger Grabbrunnenstraße vorläufig die zweitschmutzigste Straße in Baden-Württemberg, an dritter Stelle liegt die Tübinger Mühlstraße. Allerdings seien diese Zahlen noch nicht vollständig und würden erst am Ende des Monats bewertet. Für Tatjana Erkert, die Pressesprecherin der LUBW, ist allerdings der Feinstaub weniger das Problem, weil der in der letzten Zeit landesweit immer weiter zurückgegangen sei. Problematischer seien eben die Stickoxide.

Die Luftqualität in der Innenstadt wirkt sich vor allem auf das Baugebiet Greut aus, das zurzeit in der Planung ist. Schon die Versammlung der Bürgerinitiative „Rettet das Greut“ in der vergangenen Woche hatte eine Menge Staub aufgewirbelt – und nicht nur feinen. Barbara Frey, die Vorsitzende des Bürgerausschusses Innenstadt, hatte ganz deutlich auf die Gefahr hingewiesen, dass durch die Bebauung im Greut nicht nur die Zufuhr von kalter Luft in die hitzegeplagte Innenstadt verringert würde, sondern dass damit auch eine Zunahme von Feinstaub einhergehen würde. Jetzt kommt auch noch die Belastung mit Stickoxiden ins Spiel, die überhaupt noch nicht in der Diskussion gewesen war.

Diese Unsicherheiten bewogen nun die Stadtverwaltung zu einem Rückzieher. Am Mittwoch wollte der Technische Ausschuss des Esslinger Gemeinderats eigentlich einen beschränkten Wettbewerb für die Bebauung im Greut entlang der Alexanderstraße und dem Gollenhofweg beschließen. Einmütig hat der Ausschuss den Punkt jedoch von der Tagesordnung genommen. Seit dem Ende der 70er Jahre waren immer wieder Versuche unternommen worden, das Greut zu bebauen, immer wieder hatten Gutachter darauf hingewiesen, dass das Greut ein unverzichtbares Entstehungsgebiet für Frisch- und vor allem Kaltluft in die Innenstadt darstelle.

Die Ergebnisse kamen vor zwei Jahren erneut auf den Prüfstand, als die Stadt beschloss, bis 2030 auch auf Basis der Bevölkerungsprognose des Landes für Esslingen 3000 Wohneinheiten zu entwickeln. Die 3000 Wohnungen werden wie folgt verteilt: 900 Wohneinheiten sind bereits in der konkreten Entwicklung, beispielsweise baut die Stadt gerade in der Neuen Weststadt, in den Grüne Höfen in der Pliensauvorstadt und in der Alleenstraße in Zell.

Weitere 1400 Wohneinheiten sind im Innenbereich geplant, und lediglich 660 Wohneinheiten sollen im Außenbereich bis 2030 geschaffen werden. Für das Baugebiet Greut im Esslinger Norden sieht die Stadt Esslingen rund 110 Wohneinheiten vor, allerdings mit Auflagen wie Dachbegrünungen und offenen Carports für eine günstigere Luftzirkulation.