Nach bald 40 Jahren im kabarettistischen Geschirr, offenbart Galgenstrick Erich Koslowski in seinem neuen Soloprogramm die wahren Wurzeln seiner nicht nachlassenden Umtriebigkeit. Das Rätsel ruht zwischen zwei Wäffelchen.

Esslingen - Manchmal sind es kleine Dinge, die sich im Leben als richtungsgebend und prägend erweisen. Bei Erich Koslowski misst so eine Kleinigkeit mal eben sechs auf sechs Zentimeter und ist anderthalb Zentimeter dick. Allerdings muss sich das Quadrätle zu wahren Bergen aufgetürmt haben, als das Umsiedlerbürschle aus dem Dunkel des Bayrischen Waldes einst zum ersten Mal das Licht und die Vielfalt eines schwäbischen Kaufladens erblickte. Da hatte Klein-Erich gar nicht genügend Hände, um den ganzen Segen wortwörtlich erfassen und begreifen zu können. Des Buben Umtriebe beendete freilich jäh die Kassengewaltige mit Schlägen auf die Finger und dem unerbittlichen Machtwort: „Was mr ôlangt, muaß mr au kaufa ond zahla!“ Angefasst aber hatte der Schlingel bereits a Stucker 30 der noch heute „Hanuta“ genannten Haselnussschnittchen, die dann auch allesamt prompt in Mutters Einkaufstasche landeten.

 

Der „Hanuta-Anarchist“ nimmt kein Blatt vor den Mund

Die Ausführlichkeit dieser Schilderung ist in diesem Fall unumgänglich, um zu verstehen, weshalb Koslowski nach eigener Einschätzung so geworden ist, wie er geworden ist: Herausgekommen ist nach seiner Lesart ein „Hanuta-Anarchist“ im Gewande eines Kabarettisten. Genau so heißt auch auch das neue Soloprogramm des Galgenstricks K., das jetzt im Webergassenkeller seinen Einstand feierte. Dabei wurde rasch klar, worin das aus frühkindlicher Erfahrung genährte Hanuta-Prinzip besteht – nämlich überall dort hinzulangen, wo’s geht, und aus dem unerschöpflichen Strom der Zeiterscheinungen lieber zu viel als zu wenig herauszufischen versuchen.

Schon der erste Hauptgewinn des Premierenabends legte in diesem Sinn die Marschrichtung fest. Dem Erstentdecker eines „s“ zuviel im Anarchisten-Schriftzug auf Koslowskis Show-Leible winkte nämlich ein Innenstadtanwohnerparkausweis. Der soll zwar regulär 30 Euro kosten, aber, so der Erich, ein Aufkleber der Polizeigewerkschaft erfüllt auch seinen Zweck und kostet bloß zwei Euro neunundvierzig.

Die Großkopfeten kriegen ihr Fett weg

Das Stichwort „Parken“ war gegeben, und so rollte des Galgenstricks verbale Anarcho-Woge weiter zu Esslingens wachsender Bürgerwehr („Hobby-Schimanskis“) im Kampf gegen Parksünder, streifte schrumpfende Bankeinlagen und pries das Flaschensammeln als eine Säule des Sozialsystems. Und natürlich bekamen auch die Großkopfeten ihr Fett weg, die knausrigen Hartz-IV-Strategen oder die „Hardthöhen-Uschi“ von der Leyen, die sich so ungeniert in Drohnen verguckt habe.

Insbesondere als Rentner mit Stock und Hut, auf Rollschuhen und mit Knieschonern, gibt Koslowski seine gut abgehangene Weltsicht preis. Denglische Defizite bleiben da freilich nicht aus, so, wenn er hinter der Offerte „Walken im zweiten Frühling“ eine manuelle Dienstleistung vermutet. Bleibt als hanuta-anarchisches Fazit festzuhalten: Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen!