Männer wie Stefan Trittler sind rar. In Esslingen ist der Messerschmiedemeister der einzige mit einer eigenen Werkstatt, in der man seine Messer professionell nachschleifen lassen kann. Ein Besuch in der letzten Messerschmiede.

Seine Hände tragen Narben. Bereits nach wenigen Jahren verliere man den Respekt vor spitzen, scharfen Messern, sagt Stefan Trittler. Der Messerschmied saß schon oft beim Arzt, musste genäht werden. Aber immerhin sei es nicht so schlimm, wie bei dem ein oder anderen Kollegen. „Da fehlt so mancher Finger.“

 

Männer wie Stefan Trittler (56) sind rar. In Esslingen ist er der letzte und damit einzige, bei dem man seine Messer professionell nachschleifen lassen kann. Doch der Mann mit den starken Armen ist noch zu mehr fähig.

Es gibt häufig Geschichten über Menschen wie Trittler. Dann liest man vom letzten seines Standes oder seiner Zunft. Tatsächlich stirbt der Beruf des Messerschmieds aus. In einer Zeit, in der Stahl billig und Arbeitszeit teuer ist, wird die Kunst des Messerschmiedens häufig nur noch als Hobby oder aus Gründen der Traditionspflege ausgeübt. Ende der 1980er-Jahre wurde selbst die Berufsbezeichnung verändert. Schneidwarenmechaniker lautet der leidenschaftslos klingende Begriff, der eher an Fließbandarbeit als an einen Hammer schwingenden Handwerker erinnert.

Manchmal macht er noch Waffen für Mittelaltermärkte

„Ich empfehle die Ausbildung als Messerschmied heute nicht“, sagt er. Nachher sitze man ohnehin an irgendeiner Produktionsmaschine. Trittler selbst ist Messerschmiedemeister alter Schule. Seit mehr als 75 Jahren existiert die Werkstatt in der Fußgängerzone. Vorne befindet sich das Geschäft. Vorbei an den Auslagen mit Messern und Regalen auf denen sich dicht gedrängt Salz- und Pfeffermühlen und weitere Haushaltswaren stapeln, gelangt man durch die Hintertür in seine Werkstatt.

Schon der Großvater saß hier, denn Trittler ist Messerschmied in dritter Generation. Er lernte beim Vater, wie dieser zuvor bei seinem, Stahl zu härten, zu falten und Messer oder Schwerter in Handarbeit zu fertigen. Ab und zu macht er noch Waffen für Mittelaltermärkte, selten Stücke auf private Bestellung, denn das lohne sich finanziell nicht. Dann öffnet er die alten Schubladen und Schränke, in denen Materialen wie Mammutzähne für Griffe lagern.

Viel Wissen geht verloren

„Das Wichtigste aber ist die Schärfe. Ein Messer muss perfekt schneiden können“, sagt Trittler, greift nach einem Messer, das er gerade geschliffen hat und fährt sich mit der Klinge demonstrativ an seinem Unterarm entlang. Ein kleines Büschel Haare gleitet langsam zu Boden. „So ein Messer begleitet einen manchmal ein Leben lang. Es spricht nichts dagegen, es 20 Mal nachzuschleifen.“ Auch wenn es am Ende vermutlich einiges von seiner Breite eingebüßt haben wird.

Dass Menschen heute an stumpfe Messer gewöhnt seien, macht ihm Sorgen. „Denn Schärfe ist mein Geschäft.“ Es sei eine Frechheit, was der Markt an Schneideunterlagen anbiete. Granit- und Glasplatten und harte Bambusbretter machten die Messer schnell stumpf. „Weichholz oder Kunststoff sind da besser.“

Wie sein Vater ist er heute Obermeister der Schneidwerkzeugmechaniker-Innung Baden-Württemberg. Der Ausbildungsplatz bei ihm ist beliebt. „Viele Kollegen schicken ihre Söhne her, weil man bei mir das Messerschmieden noch lernt“, sagt er. Doch die Schleiftechnik nehme immer mehr Raum ein. „Wir wollen die Auszubildenden fit für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit machen“, betont er. Doch er weiß auch, dass viel Wissen verloren geht.