Die Altstadt von Esslingen hat ein Schmuckstück zurückbekommen. Die Firma IBW hat die Alte Sakristei denkmalgerecht saniert.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Dass Geschichten der Häuser in der Esslingen Altstadt besonders spannend sind, hat auch Herbert Klingohr gemerkt, Chef der Wohnbaugesellschaft IBW. Nach einem Jahr Bauzeit hat er jetzt das denkmalgeschützte Gebäude der Alten Sakristei neben dem Esslinger Stadtarchiv fertig gestellt und seiner Bestimmung übergeben.

 

Die Bestimmung ist: denkmalgerecht sanierte Altbauwohnungen mit Blick auf Klein-Venedig, dem künstlichen See im Neckarkanal, der sich vor den Mühlrädern des Kesselwasen staut. Die Wohnungen sind längst vermietet, auch das Brillen-Archiv, ein Optikgeschäft im Untergeschoss ist seit wenigen Wochen geöffnet.

Die Restauratoren haben im Inneren des Hauses am Georg- Christian-von-Kessler-Platz erstaunliche Entdeckungen gemacht. Hinter Bretterverschlägen fanden sich noch die originalen klassizistischen Treppengeländer, unter Putz und Abdeckplatten fand sich so genannte Schablonenmalereien. Das aufgemalte Blumenmuster, die damals die Tapeten ersetzten. Es gelang den Restauratoren sogar, das originale Parket aus dem 19. Jahrhundert unter einer Schicht von aufgepappten Böden heraus zu präparieren.

„Das Parket ist mit seiner original Lasur erhalten“, schwärmt Herbert Klingohr, „das ist einmalig im Kreis Esslingen“. Es waren sogar noch die Zeitungen aus dem Jahr 1890 erhalten, die das Parkett dämmen sollten. Auch hatten die Handwerker zugemauerte Fensterscheiben mit Blumenverzierungen freigelegt und aus dem Dach eine Mansardenwohnung gemacht. Liebevoll von den Restauratoren runderneuert ist auch das gotische Tor an dem kleinen Fußweg zum Kesselwasen hinunter,. Den Weg nennt Klingohr liebevoll das „Schleifbückele“, ein Name, der vielleicht auf Schlitterbahnen hindeutet, die die Stadtkinder hier im Winter gebaut haben könnten.

Vor der Renovierung hatte das Haus einen unauffälligen braunen Anstrich, der dem ganzen Winkel eine gewisse Tristesse verlieh. Jetzt strahlt es in weichen Cremetönen. Das ist allerdings keine eigenwillige Farbkreation der Architekten. In diesen Farben, wie die Untersuchungen des Denkmalamtes ergeben haben, war das Haus ursprünglich einmal gestrichen gewesen.

Bevor es in den Besitz von Herber Klingohr kam, war eine Reinigung dort untergebracht, die dort in den siebziger Jahren ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Zuvor beherbergte es die „Weinstube zur Sakristei“, und davor, wie der Name schon vermuten lässt, war es tatsächlich eine Sakristei. Möglicherweise für die Stadtkirche St. Dionys, die gegenüber liegt. Das Haus ist in seiner jetzigen klassizistischen Gestalt im Jahr 1818 errichtet worden, doch ist es weit älter. Es beherbergte einst die Ratsschreiberei, die kein geringerer als Heinrich Schickhardt, der schwäbischen Leonardo da Vinci, im Jahr 1615, gebaut hatte. Aber auch er baute nur auf, und zwar auf Keller, die direkt an die alte staufische Stadtmauer heranreichen und aus dem 15. Jahrhundert stammen, genauer aus dem Jahr 1485, wie die Forschungen ergaben.