Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sieht über Ländergrenzen hinweg verknüpfte Einlagensicherungsfonds als logische Konsequenz aus der Bankenunion. Doch die Bundesregierung lehnt seinen Vorstoß strikt ab.

Brüssel - Nachdem die Währungsunion im Sommer wieder einmal knapp einer Katastrophe entgangen ist, diskutieren die EU-Finanzminister an diesem Wochenende in Luxemburg, wie die Eurozone auf stabilere Füße gestellt werden kann. Rechtzeitig zu diesem Termin hat EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker die Debatte über einen der heikelsten Punkte neu entfacht – ein europäisches System zur Einlagensicherung.

 

Theoretisch gibt es keinen Handlungsbedarf: Sparguthaben bis 100 000 Euro sind bei Bankpleiten europaweit garantiert, seit eine entsprechende EU-Richtlinie Anfang Juli in Kraft getreten ist. Sie bildet einen Pfeiler der neuen Bankenunion und hat die Standards der nationalen Sicherungssysteme vereinheitlicht. Über zehn Jahre müssen die Banken Notfallfonds auffüllen, bis sie 0,8 Prozent aller gesicherten Einlagen des Landes umfassen.

Mit Verweis auf die Ereignisse in Griechenland, wo die Menschen im Sommer ihr Erspartes vom Bankautomat holten, weil sie eben nicht auf die Garantie ihres Staates vertrauten, hat Juncker in seiner Rede zur Lage der EU nun doch einen neuen Anlauf für ein gemeinschaftliches Modell genommen. „Wir haben heute Sicherungssysteme, aber sie sind allesamt national“, sagte der Luxemburger: „Was wir brauchen, ist ein europäischeres System, das nicht am Portemonnaie der einzelnen Staaten hängt, damit sich die Bürgerinnen und Bürger hundertprozentig darauf verlassen können, dass ihre Ersparnisse sicher sind.“ Unterstützung erhält er vom SPD-Europaabgeordneten Peter Simon, der die vorangegangene Gesetzesnovelle federführend verantwortet hat: „Die neuen Regeln haben den Bankrun in Griechenland leider nicht verhindern können“, sagt er, „wir müssen da noch etwas tun.“

Deutsche Sparkassen fürchten einen Vertrauensverlust

Im Bundesfinanzministerium wird das ganz anders gesehen, weil die jüngste Reform ihre volle Wirkung noch gar nicht entfaltet habe. „Es ist wichtig, das erst einmal umzusetzen und aufzubauen“, sagt eine Sprecherin, „eine darüber hinausgehende Einlagensicherung lehnen wir ab.“ Die deutschen Sparkassen haben erst recht kein Interesse daran, dass ihre Rücklagen für den Krisenfall in einen europäischen Topf fließen und allen Instituten in Europa als Notnagel dienen. „In einer – wie auch immer gearteten – Verbindung, der letztlich alle Kreditinstitute in der EU angehören, wird die Haftung minimiert – und damit auch das Vertrauen“, heißt es in einem Positionspapier des Verbandes,

Finanzminister Wolfgang Schäuble, der das Ansinnen schon einmal verhinderte, dürfte sich am Samstag dennoch einer großen Zahl von Befürwortern eines Einheitssystems gegenübersehen. Das Vorhaben findet sich nämlich auch in einem Reformpapier aller EU-Spitzen vom Juni. Speziell die Europäische Zentralbank macht Druck in der Frage, um unter anderem mit den drei deutschen Sicherungssystemen der Sparkassen, der Volksbanken und der Privatbanken mehr Stabilität ins Finanzsystem zu bekommen.

Um die Kritiker in Deutschland milde zu stimmen, wird in der EU-Kommission betont, dass nicht alle nationalen Fonds in einem gemeinsamen Geldtopf aufgehen sollen. Juncker will vielmehr eine „Rückversicherung“. In diesem Fall würden die Garantiefonds anderer EU-Staaten nur anteilig angezapft, um zu finanzieren, was etwa das portugiesische System nicht mehr stemmen kann. „Wenn dies in Gestalt zurückzuzahlender Kredite geschähe“, sagt der SPD-Mann Simon, „müsste das zu verkraften sein.“ Die deutsche Institutssicherung bliebe erhalten, und eine Stabilisierung der Eurozone sei ja nicht zuletzt im Interesse Deutschlands.

Sein CDU-Kollege Andreas Schwab ist gegen eine abermalige Reform: „Die Kommission sollte lieber mit Vertragsverletzungsverfahren gegen die Länder vorgehen, in denen das neue Gesetz noch nicht voll umgesetzt ist.“ Es bestehe die Gefahr, dass mancherorts gar keine schlagkräftigen Systeme mehr aufgebaut würden, weil am Ende alle europäischen Banken gemeinsam hafteten. Die Kommission wiederum versichert, Vorkehrungen gegen solche Fehlanreize treffen zu wollen.

Ganz andere Bedenken macht der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold geltend. Für ihn macht eine europäische Lösung nur Sinn, wenn sie nach Bankenart unterscheiden würde: „Das ist nur akzeptabel, wenn sichergestellt ist, dass die konservativ wirtschaftenden Kleinen nicht die spekulierenden Großen subventionieren.“