Nicht nur der Zeitpunkt wurde gerügt, weil an jenem Tag Portugal versuchte, Geld an den Märkten zu bekommen. Es ging auch darum, dass sich die Kommission einmischt.


Lesen Sie die europäischen Verträge! Wir sind verpflichtet, die Haushalte zu überwachen. Und selbst wenn der Rettungsschirm eine Vereinbarung zwischen Regierungen ist, so betrifft er doch die Stabilität in der Eurozone. Und da kommt der Kommission eine entscheidende Rolle zu.

Also kein Egotrip?


Das war keiner der Kommentare, die im Zuge der Eurokrise die viel kritisierte Kakophonie erzeugt haben – das war ein Politikvorschlag. Denn Europa kann nur gemeinschaftlich handeln, wenn die Kommission einen Vorschlag unterbreitet.

Der aber, um es zu wiederholen, offensichtlich beim größten Geldgeber einen bestimmten Nerv getroffen hat?


Ich kenne die Vorbehalte in Deutschland. Ich kenne die finanzpolitische und ökonomische Kultur der Bundesrepublik: Konsolidierung, Strukturreformen, Betonung der Wettbewerbsfähigkeit. Als ich noch Premier in Portugal war, wurde mir vorgeworfen, dieser Kultur zu nahe zu stehen. Und ich verstehe auch, wenn viele Deutsche jetzt sagen: Wir strengen uns an. Aber was tun die anderen?

Was entgegnen Sie denen?


Die Menschen in Deutschland müssen wissen, dass wir als Kommission alles tun werden, was wir können, damit die Staaten, die nicht diszipliniert gewirtschaftet haben, dies jetzt tun. Wir werden Reformen ihrer Wettbewerbsfähigkeit anstoßen, und viele Länder mussten bereits schmerzhafte Reformen einleiten. Ich möchte also die Fehleinschätzung in Teilen der Bevölkerung korrigieren, dass die Kommission einfach mehr Geld von den Deutschen verlangt. Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr.